Nach Zug-Drama: Unklarheit über den Täter
Auch einen Tag nach der schrecklichen Brand- und Messerattacke im Zug im Rheintal ist über den mutmaßlichen Täter und seine Motive vieles im Unklaren. Alle Opfer stammen aus dem Rheintal.
Was genau sich im Zug der Südostbahn und auch am Bahnhof abgespielt hat, versucht die Polizei zur Stunde zu rekonstruieren. Bislang könnten zum genauen Tathergang keine Angaben gemacht werden, teilt Hanspeter Krüsl, der Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen, dem »Tages Anzeiger« mit. Laut ersten Erkenntnissen soll der 27-jährige Täter direkt auf eine Frau zugegangen sein und sie dann mit der brennbaren Flüssigkeit übergossen haben. Bei deren Entzündung sei der Täter selbst in Brand geraten und habe dabei wild mit einem Messer herumgefuchtelt. Dabei seien auch vier andere Fahrgäste teilweise schwer verletzt worden. Ob der Täter die Flüssigkeit in Brand steckte oder ob sie sich selber entzündete, beispielsweise durch eine statische Entladung oder Selbstentzündung, wisse man noch nicht. Forensiker der Kantonspolizei beschäftigen sich zur Stunde damit, Spuren zu sichern und die Flüssigkeit zu analysieren. Die Polizei versuchte unmittelbar nach der Tat zu klären, ob es einen zweiten Täter gegeben habe. Dies habe man jedoch schnell ausschließen können.
Die Videoaufnahmen aus dem Zug werden von der Polizei noch gesichtet und auch die Zeugenbefragungen sind noch nicht abgeschlossen. Eine Vernehmung der Verletzten sei zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen, da diese noch nicht vernehmungsfähig seien. Nach Medienberichten sei eine Frau bereits ihren Verletzungen erlegen. Die BILD-Zeitung berichtet, dass auch der Täter im Krankenhaus verstorben sei, nachdem er am Samstagabend noch operiert worden sei. Ob der Mann versucht habe sich nach der Tat das Leben zu nehmen, sei der Polizei nicht bekannt.
Bei der Hausdurchsuchung, die noch am Samstagabend stattfand, wurde kein Bekennerschreiben, kein Abschiedsbrief und keine Ankündigung der Tat gefunden. Ein politisches oder terroristisches Motiv sei damit zunächst auszuschließen. Vermutlich handele es sich tatsächlich um eine Beziehungstat. Die Polizei hat die Ermittlungen aber noch nicht abgeschlossen. »Vielleicht finden wir noch etwas, wir sind mit einem Grossaufgebot dran«, sagt der Polizeisprecher. Zum Täter sagt er nur: «Der 27-Jährige ist Schweizer, ist nicht aus St.Gallen und wohnt in einem angrenzenden Kanton.«
Die sechs Opfer stammen hingegen alle aus dem Rheintal. Und sie befinden sich alle noch im Spital. Eine Frau erlitt schwerste Brand- und Stichverletzungen, sie schwebt in Lebensgefahr. Ein Mann wurde schwer verletzt, die anderen vier Opfer – darunter ein sechsjähriges Kind – erlitten mittelschwere Verletzungen. Eines der Opfer ist kein Zugpassagier. Der Mann stand auf dem Bahnsteig, als der brennende Zug in den Bahnhof einfuhr, eilte zu Hilfe und zog den schwer verletzten Täter aus dem Zug. Dabei erlitt er eine Rauchvergiftung.
von
Michael Schwarz – 14.08.2016