Ozeanversauerung und steigende Wassertemperaturen
Erste Laborstudie zu Auswirkungen zweier Umweltfaktoren auf Ruderfußkrebse
In einem Experiment mit Organismen aus der Kieler Förde zeigt ein Wissenschaftsteam des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel erstmals, dass Ozeanversauerung und steigende Wassertemperaturen die Zusammensetzung der Fettsäuren von Ruderfußkrebsen in der natürlichen Planktongemeinschaft negativ beeinflussen. Dadurch steht beispielsweise Fischen qualitativ schlechtere Nahrung zur Verfügung.
Ozeanversauerung, Temperaturanstieg, Nährstoffeintrag und Sauerstoffmangel: Tiere und Pflanzen im Meer müssen mit einer Vielzahl an Umweltfaktoren zurechtkommen. Wie werden sie reagieren, wenn sich die Lebensbedingungen im Zuge des globalen Klimawandels ändern? Labor- und Freiland-Experimente, Beobachtungen an natürlich-extremen Lebensräumen sowie Modellrechnungen helfen Forschern, die Reaktionen des Ökosystems Ozean abzuschätzen.

Ruderfußkrebs (Eudiaptomus vulgaris) in Lateralansicht
„Aus verschiedenen Experimenten ist bekannt, dass sich die Auswirkungen verschiedener Umweltfaktoren auf Meeresorganismen entweder aufaddieren oder gegenseitig abschwächen können. Da die Körperfunktionen verschiedener Organismen sehr unterschiedlich auf die Kombination der Faktoren reagiert, ist es sehr schwierig, das Ergebnis in letzter Konsequenz abzuschätzen“, erklärt Dr. Jessica Garzke, Meeresbiologin am GEOMAR und Erst-Autorin der Veröffentlichung. „Für die Ruderfußkrebse haben wir gezeigt, dass steigende Wassertemperaturen insgesamt einen deutlich negativeren Einfluss als die Versauerung haben. Die Versauerung kann einige Reaktionen abmildern – beispielsweise, weil durch das zusätzlich im Meerwasser gelöste Kohlendioxid mehr Phytoplankton als Nahrung für die Krebstierchen heranwächst. Diese Vorteile sind jedoch nicht stark genug, um insgesamt einen positiven Effekt zu erzielen.“
Die Kieler Studie gibt erstmals Einblick in die Auswirkungen von Ozeanversauerung und Temperaturanstieg auf die Zusammensetzung der Fettsäuren einer natürlichen Gemeinschaft von Ruderfußkrebsen. „Nach unseren Beobachtungen wird die Fettsäure-Zusammensetzung eher negativ beeinflusst. Das heißt, dass die Futter-Qualität für übergeordnete Ebenen des Nahrungsnetzes sinkt“, hebt Garzke hervor. „Nahrungsnetze, die von der Futter-Qualität beeinflusst werden – nicht etwa von der puren Masse des Angebots – wären hiervon beeinträchtigt.“
Das Team um Dr. Garzke geht davon aus, dass ihre Ergebnisse auch auf andere küstennahe Regionen übertragen werden können, die der Kieler Förde ähneln.
von
Günter Schwarz – 15.08.2016