Der mutmaßliche Waffenlieferant des Münchner Amokläufers konnte in Marburg ermittelt und gefasst worden. Bei dem Zugriff nahmen die Ermittler auch eine Frau fest.

Der mutmaßliche Waffenhändler wurde am Dienstag gegen 14.30 Uhr zusammen mit einer Frau in der Nähe des Marburger Busbahnhofs von einer Spezialeinheit des Zollkriminalamts festgenommen, wie die Generalstaatsanwaltschaft und das Zollfahndungsamt Frankfurt mitteilten. Er soll dem Haftrichter vorgeführt werden.

Ein 31 Jahre alter Mann ist dringend verdächtig, mit Schusswaffen und Munition illegal gehandelt und die beim Amoklauf in München am 22. Juli verwendete Tatwaffe und Munition geliefert zu haben. Seine gleichaltrige Partnerin soll mit ihm zusammengearbeitet haben und vorwiegend für die Auslieferung der vom Ihm verkauften Waffen zuständig gewesen zu sein.

Festnahme „völlig reibungslos“

Die Festnahme der beiden Verdächtigen sei nach den Schilderungen der Einsatzkräfte „völlig reibungslos“ verlaufen. Für heute, am Mittwochmorgen, wurde eine Pressekonferenz in Frankfurt angekündigt.

Der 18 Jahre alte Amokschütze David Sonboly hatte am Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen und sich anschließend selbst getötet. Er hatte offenbar systematisch nach einer Pistole des Herstellers Glock gesucht. Kurz nach der Tat war bekannt geworden, dass die Waffe im „Darknet“ gekauft worden war.

Festgenommener führte durchgeladene Pistole bei sich

Die Ermittler hatten mit dem mutmaßlichen Waffenhändler ein Scheingeschäft vereinbart. Bei der Anbahnung des Geschäfts hatte der Mann gesagt, dem Amokschützen die verwendete Pistole und die Munition bei zwei Treffen verkauft zu haben. Am 20. Mai war der Amokschütze den Ermittlungen zufolge mit einem Reisebus nach Marburg gefahren und hatte die Waffe von dem 31-Jährigen gekauft. Vier Tage vor dem Amoklauf fuhr der 18-Jährige erneut nach Marburg und kaufte die Munition: 350 Schuss.

Die Angaben des Beschuldigten decken sich mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München und des Bayerischen Landeskriminalamts zu Fahrtnachweisen und Chatverläufen.

Bei der geplanten Übergabe des Scheingeschäfts wurde der 31-Jährige nun am gestrigen Dienstag festgenommen. Dabei stellten die Ermittler die vereinbarte Maschinenpistole, eine Pistole und Munition zum Preis von insgesamt 8.000 Euro sicher. Der Mann habe zu seiner Eigensicherung in einem Schulterholster eine durchgeladene Pistole bei sich gehabt.

Das festgenommene Paar ging bei den Waffengeschäften offenbar mit geteilten Rollen vor: während der Waffenhändler mit Käufern zunächst das Finanzielle regelte, bestand der Part der Frau darin, die Ware zu übergeben.

Kontakt über Internetforen im Darknet

Ausgangspunkt für die Festnahme des 31-Jährigen waren den Angaben zufolge Ermittlungen gegen einen 62-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen und einen 17 Jahre alten Schüler aus Nordhessen, die beide verdächtigt werden, bei dem mutmaßlichen Verkäufer Waffen und Munition erworben zu haben.

Bei dem 17-Jährigen wurden mehrere Gewehre, Revolver, Patronen und Schwarzpulver aufgefunden und sichergestellt. Der Kontakt zwischen dem 31-Jährigen und den beiden Männern war über einschlägige Internetforen im Darknet zustande gekommen.

In diesem verborgenen Teil des Internets nutzten sie das Verschlüsselungsprotokoll „Bitmessage“. Dabei ist nur der Adressat in der Lage, die Nachricht zu entschlüsseln. Der Zugang zum Darknet ist nur über eine Anonymisierungssoftware möglich. Die bekannteste ist die kostenlose Software „Tor“.

von

Günter Schwarz – 17.08.2016