Etwas ist faul auf dem Markt im Staate Dänemark
Über einen langen Zeitraum, ja, über Jahre galt die dänische Börse als „nordisches Wunder“. Doch in diesem Jahr kommt der Aktienmarkt nicht auf so richtig auf Touren. Was sind die Gründe für diese Verlangsamung, und wie geht es weiter?
Was waren das für Gewinne, die an der dänischen Börse in den letzten Jahren möglich waren! 25 Prozent, 24 Prozent, 21 Prozent und 36 Prozent lauteten die Zuwachsraten in den Jahren 2012-2015 beim dänischen Leitindex OMX Copenhagen 20. Global gut aufgestellte Unternehmen, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und ein allgemein vorteilhaftes Umfeld für Aktieninvestments sorgten im Norden für ständig steigende Kurse. Dänemarks Börse gehörte in der Vergangenheit regelmäßig zu den besten und lukrativsten der Welt.
Doch im laufenden Jahr bekommt das dänische Börsenwunder Risse. Mit einem Minus von knapp 10 Prozent findet sich København jetzt in der unteren Hälfte von Europas Börsenrangliste wieder, nur knapp vor Lissabon und Madrid, aber immer noch hinter Zürich (siehe Tabelle).

Was in Norwegen die Rohstoffe sind, ist in Dänemark der Gesundheitssektor. Der größte Teil der dänischen Exporte fallen in diesen Bereich. Im Leitindex OMX Copenhagen sind neben Novo Nordisk, Novozymes und Coloplast noch drei weitere Unternehmen in den Branchen Chemie, Pharma oder Biotechnologie tätig.
Doch das Umfeld für Exporte hat sich eher verschlechtert. Denn die dänische Krone ist an den Euro gekoppelt. Das macht die Währung weniger flexibel als ihre schwedischen und norwegischen Pendants. Gerade in Schweden sorgte die schwache Krone unlängst für willkommenen Rückenwind für den Exportsektor. Nicht so in Dänemark. Zum Dollar hat sich die heimische Währung seit Anfang Jahr um mehr als 4 Prozent verteuert.
Es ist aber in erster Linie die Aktie von Novo Nordisk, die den Leitindex bewegt. Der Pharmariese ist aktuell für 36 Prozent der Kursperformance verantwortlich – und im laufenden Jahr von 400 auf 310 Kronen gefallen. Jüngst zeigten sich Bremsspuren im Geschäftsgang von Novo. Die Umsatz-Jahresprognose musste wegen Problemen in den USA leicht nach unten angepasst werden.
Haben die Großen zu stark korrigiert?
Doch Novo Nordisk ist und bleibt der weltgrößte Hersteller von Insulinmedikamenten – ein Geschäft, das dank zunehmender Alterung der Gesellschaft als zukunftsträchtig gilt. Die Insulin-Sparte trägt fast 80 Prozent zum Novo-Gesamterlös bei. So glaubt Kalle Mannerkorpi vom Skandinavien-Spezialisten Nordic Invest weiterhin an die Aktie. Er sagt: „Ich sehe bei Novo Nordisk bereits wieder einen Einstiegspunkt, denn die langfristige Perspektive der Firma stimmt und die Wachstumsstrategie ist intakt“.
Nach Bekanntgabe der Umsatzziel-Reduktion brach die Aktie von Novo Nordisk auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr ein. Dennoch ist der Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2016 von mehr als 20 immer noch stattlich bewertet. Zum Vergleich: Die Schweizer Pharmawerte Novartis und Roche sind mit Werten um 17 deutlich günstiger.
Danske Bank ist in Bezug auf Marktkapitalisierung die zweitgrößte Aktie Dänemarks. Nach schwierigen Wochen im Mai und Juni hat die Aktie bereits wieder deutlich angezogen. Auch dieser Titel lockt laut Mannerkorpi zum Einstieg: „Danske schnitt im europäischen Stresstest mit einer harten Kernkapitalquote von 14 Prozent überdurchschnittlich gut ab. Auch die Dividendenrendite von 5 Prozent überzeugt.“
Potenzial bis Ende Jahr
Schon länger im Aufwind ist der dänische Windkraftkonzern Vestas, ebenfalls ein Börsen-Schwergewicht und einer der Weltmarktführer beim Bau von Windturbinen. Der globale Windenergie-Boom beflügelt die Vestas-Aktie schon seit Monaten. Im letzten Jahr hat sich ihr Wert um knapp 40 Prozent erhöht.
Alleine am Tag der jüngsten Ergebnispublikation sprang der Titel 10 Prozent in die Höhe. Dass Windkraft weiterhin auf dem Vormarsch ist, zeigen auch neue Zahlen von Bloomberg. In den Staaten der 20 stärksten Industrie- und Schwellenländer (G20) stieg der Anteil von Wind- und Solarstrom zwischen 2010 und 2015 um 70 Prozent.
Angesichts dieser Aussichten traut Skandinavien-Profi Mannerkorpi dem dänischen Leitindex bis Ende Jahr noch 5-7 Prozent an Wertsteigerung zu. Auch wenn also Dänemarks Anleger noch ein wenig Geduld brauchen, bis sie wieder zu den glücklicheren gehören, dürften sie trotzdem mit sich und der Welt zufrieden sein. Nach einem Jahr mit der Schweiz an der Spitze gilt Dänemark einer globalen Studie zufolge nämlich wieder als glücklichstes Land der Welt.
von
Günter Schwarz – 22.08.2016