Hamstern für den Katastrophenfall
Die Regierung steht vor dem Beschluss des neuen Zivilschutzkonzepts der Bundesrepublik Deutschland. Das neue Zivilschutzkonzept der Bundesregierung ist ausgearbeitet und soll am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Für Aufsehen sorgt die darin enthaltene Empfehlung an die Bürger, Vorräte für zehn Tage anzulegen. Das zuständige Bundesamt rät seit langem zu Notvorräten.
Die Bundesregierung will die Bevölkerung verstärkt dazu animieren, für den Katastrophenfall mit ausreichend Vorräten selbst vorzusorgen. Entsprechende Empfehlungen sind einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zufolge Teil des neuen Zivilschutzkonzeptes, über das das Kabinett nach Angaben des Innenministeriums am kommenden Mittwoch beraten will.
„Die Bevölkerung wird angehalten, einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln von zehn Tagen vorzuhalten“, zitierte die Zeitung aus dem Entwurf des Konzepts, das in wesentlichen Teilen bereits Anfang August bekannt geworden war. Dem Bericht zufolge soll die Bevölkerung im Notfall zum Selbstschutz fähig sein, bevor staatliche Maßnahmen anlaufen, um eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Energie und Bargeld sicherzustellen. Daher solle die Bevölkerung auch angehalten werden, für einen Zeitraum von fünf Tagen je zwei Liter Trinkwasser pro Person und Tag vorzuhalten.
Bundesamt empfiehlt seit langem Vorräte
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt den Bundesbürgern bereits seit langem, sich mit dem Anlegen ausreichender Vorräte für den Krisenfall zu wappnen. In einer aktuellen Broschüre rät das Bundesamt, so viele Getränke und Nahrungsmittel vorrätig zu haben, um 14 Tage lang ohne Einkaufen überstehen zu können. Pro Person und Tag sollten demnach zwei Liter kalkuliert werden.
Alle Details des neuen Zivilschutzkonzeptes, das offiziell Konzept für zivile Verteidigung heißt, will Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Mittwoch in einer Pressekonferenz vorstellen. Das Konzept war im Jahr 2012 vom Haushaltsausschuss des Bundestages initiiert worden. Insofern ist es auch nicht als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu verstehen. Es löst das noch bestehende Konzept aus dem Jahr 1995 ab.
Ausgangspunkt sind Bedrohungsszenarien
Die Empfehlung zur Vorratshaltung an die Bürger ist nur eines von vielen Elementen des 69 Seiten langen Konzepts. Darin heißt es laut FAS unter Bezugnahme auf die Bedrohungsanalyse der Bundesregierung im neuen Weißbuch, „dass ein Angriff auf das Territorium Deutschlands, der eine konventionelle Landesverteidigung erfordert, unwahrscheinlich“ sei. Dennoch sei es nötig, „sich trotzdem auf eine solche, für die Zukunft nicht grundsätzlich auszuschließende existenzbedrohende Entwicklung angemessen vorzubereiten“.
Dazu zählen ein verlässliches Alarmsystem und ausreichende Kapazitäten im Gesundheitssystem. Die zivile Unterstützung der Streitkräfte soll wieder zu einer Priorität werden; dazu gehören Eingriffe in die Verkehrslenkung, wenn die Bundeswehr Kampfverbände verlegen muss. Ein wichtiges Thema ist auch der Selbstschutz der staatlichen Organe.
Schwerpunkt sind staatliche Maßnahmen
Bereits Anfang August war bekannt geworden, dass das Konzept die dezentrale Einlagerung von Erdölreserven für 90 Tage, eine staatliche Notversorgung der gesamten Bevölkerung mit Wasser für mindestens 14 Tage durch Brunnen sowie für die Energieversorgung ein „Gesamtkonzept Notstrom“ enthält. Zum Schutz vor chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Ereignissen sollen ausreichend Antibiotika, Kaliumjodtabletten und Beatmungsbetten vorgehalten werden.
Geprüft werden soll, inwieweit der Bund Schutzausrüstung zum Atem- und Körperschutz für die Bevölkerung vorhalten muss oder entsprechende Empfehlungen in den Selbstschutz einbezogen werden sollen (etwa Mundschutz in der Hausapotheke). Das Technische Hilfswerk (THW) wird mit dem Konzept verpflichtet, jeweils ein Drittel aller Basiseinheiten und Fachgruppen innerhalb von 24 Stunden flächendeckend oder an mehreren Schwerpunkten gleichzeitig einsetzen zu können.
von
Günter Schwarz – 22.08.2016