„WamS“: 6000 türkische Spitzel in Deutschland
Laut einem Zeitungsbericht der „Welt am Sonntag“ könnten in Deutschland rund 6000 Spitzel für den türkischen Geheimdienst MIT arbeiten
Seit der Umbildung der Türkei in eine Autokratie von“Recep Tayyip Erdoğans Gnaden“ geraten die Praktiken des türkischen Geheimdiensts MIT in Deutschland zunehmend in den Fokus der deutschen Politik und auch des Verfassungsschutzes.
Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags (PKGr) fordert dazu Auskunft. Hans-Christian Ströbele, der die Grünen in dem Gremium zur Geheimdienstkontrolle vertritt, sagte der „Welt am Sonntag“, es gebe „unglaubliche geheime Aktivitäten“ des MIT. Der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst (BND) und die Polizei müssten ihre Kooperation mit der Türkei überprüfen. „Sonst laufen sie Gefahr, bei strafbaren Handlungen mitschuldig zu werden.“
PKGr-Chef Clemens Binninger (CDU) kündigte in der Zeitung an, dass sich das Kontrollgremium nach den Ferien mit der bilateralen Zusammenarbeit der Dienste befassen werde. Das Blatt zitierte einen ungenannten Sicherheitspolitiker, nach dessen Angaben der MIT neben einer großen Zahl hauptamtlicher Agenten bundesweit über ein Netz von 6000 Informanten verfügen soll. Rechnerisch käme somit ein Zuträger auf 500 türkischstämmige Bürger.
Nach „Spiegel“-Informationen will der türkische Geheimdienst den BND in seinen Kampf gegen die Gülen-Bewegung einbinden. Der Auslandsdienst solle auf Entscheidungsträger und Gesetzgeber in Deutschland einwirken, gegen die Anhänger des Islam-Predigers Fethullah Gülen vorzugehen und diese auszuliefern, meldet das Magazin unter Berufung auf geheime Dokumente.
De Maizière rät zu nüchternem Umgang mit Türkei
Angesichts der jüngsten Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei mahnen beide Seiten zur Besonnenheit. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte der „Bild am Sonntag“: „Die Türkei ist Nato-Mitglied und für uns ein wichtiger Partner in der Flüchtlingskrise und im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.“ Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hatte am Samstag ebenfalls „versöhnlichere“ Töne angeschlagen.
„Wir sollten uns positiv äußern: Tief verwurzelte Beziehungen können keinen Schaden nehmen“, sagte Yildirim bei einer Pressekonferenz mit ausländischen Medienvertretern. Eventuelle Verstimmungen seien „temporär“. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei „sehr willkommen“ in der Türkei, betonte er. Wenn sie nicht in die Türkei kommen wolle, könne er selbst auch nach Deutschland reisen.
De Maizière wies zugleich aber Versuche der Einflussnahme in Deutschland zurück: „Ich möchte nicht, dass die Konflikte der Türkei auf Deutschlands Straßen ausgetragen werden“, sagte der CDU-Politiker. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan müsse akzeptieren, dass die Bundesregierung die Verantwortung für alle Menschen in Deutschland trage, also auch für türkische Staatsbürger. Es gelte aber auch: „Wir müssen und können es als freies Land aushalten, wenn er hier Reden hält.“
von
Günter Schwarz – 22.08.2016