Kein Gesichtsschleier im Abendgymnasium
Sh-UgeAvisen berichtete am Samstag von einer muslimischen Abendschülerin, die gegen ihren Ausschluss vom Abendgymnasium klagte, da sie es ablehnte, am Unterricht ohne das Tragen ihrer Niqab teilnehmen zu wollen. Gestern entschied nun das Verwaltungsgericht Osnabrück, die muslimische Schülerin darf auch weiterhin keinen Gesichtsschleier im Unterricht des Osnabrücker Abendgymnasiums tragen.
Nach Angaben der Justizbehörde hatte die 18 Jahre alte Schülerin angekündigt, sie werde angesichts des großen Medieninteresses an ihrem Fall nicht im Gericht erscheinen. Der für den Montagnachmittag anberaumte Erörterungstermin wurde daraufhin abgesagt. „Gleichzeitig und deshalb hat das Gericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt“, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts. „Damit darf die Antragstellerin auch weiterhin den Niqab beim Besuch des Abendgymnasiums nicht tragen.“ Für eine Entscheidung hätte es das Gericht für erforderlich gehalten, dass die Antragstellerin „die von ihr empfundene Konfliktlage der Kammer gegenüber erläutert“, hieß es. Diese Möglichkeit habe sie jedoch nicht genutzt.
Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht möglich
Nach Angaben des Verwaltungsgerichts ist der Beschluss noch nicht rechtskräftig: Die Frau kann dagegen Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen. Im April hatte die 18-Jährige zunächst eine Zulassung von der Schule erhalten. Das Gymnasium hatte diese Zulassung dann aber widerrufen, weil die Frau aus religiösen Gründen ihren sogenannten Niqab im Unterricht nicht abnehmen wollte. Die Frau hatte lediglich angeboten, ihn einmal vor einer weiblichen Schulmitarbeiterin abzunehmen, damit ihre Identität festgestellt werden kann. Unter einem Niqab versteht man einen Gesichtsschleier, der die Augen frei lässt – im Gegensatz zur Burka, einer traditionellen afghanischen Tracht. Bei ihr ist das komplette Gesicht der Trägerin verschleiert.
Mitschüler teilen Ansicht der Schulleitung
Die Schüler selbst teilen offenbar überwiegend die ablehnende Haltung ihrer Schulleitung. „Ein Kopftuch ist hier voll okay. Aber so ein Schleier, der nur einen kleinen Schlitz für die Augen lässt, das ist ja wie eine Vermummung“, sagte die 20-jährige Linda Rosenthal dem Evangelischen Pressedienst. Das Thema sei Schulgespräch, wobei die Mehrheit der Schüler das auch so sieht.
In den ersten Tagen nach den Sommerferien sei die junge Frau mit Niqab in die Schule gekommen, erzählt der 25-jährige Stephan Schlegel: „Das ist unpersönlich. Man weiß ja gar nicht, mit wem man spricht.“ Auch die Niedersächsische Landesschulbehörde hatte im Vorfeld des Prozesses die Position der Schule gestützt. Eine Behördensprecherin erklärte, der Staat könne seinem Bildungsauftrag bei verschleierten Schülern nicht nachkommen. Eine offene Kommunikation, zu der neben dem gesprochenen Wort auch Mimik und Körpersprache zählten, seien mit einem Gesichtsschleier nicht möglich. Für das Verwaltungsgericht Osnabrück war das Verfahren das erste dieser Art – es seien aber noch weitere anhängig, so eine Sprecherin.
CDU-Innenminister gegen Vollverschleierung
Traditionelle muslimische Kleidung sorgt immer wieder für Debatten in Deutschland. Erst jüngst hatten sich die Innenminister der Union für ein Verschleierungsverbot ausgesprochen. Demnach sollen die Burka und andere Kleidungsstücke, die das Gesicht verdecken, in Teilen des öffentlichen Lebens verboten werden – unter anderem am Steuer eines Autos, bei Behördengängen, in Schulen und Universitäten. Verstöße sollen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat die Ministerkollegen für den Vorstoß kritisiert. Sie erweckten den Eindruck, dass eine Vollverschleierung ein Sicherheitsproblem sei, sagte Pistorius. Trotzdem hält Pistorius ein Burka-Verbot in bestimmten Bereichen für sinnvoll.
von
Günter Schwarz – 23.08.2016