Eine fremde Welt, der Erde so nah wie keine andere: Astronomen entdecken einen Planeten um den zur Sonne nächsten Stern Proxima Centauri. Und sie enthüllen Details über die fremde Welt, auf der es auch Leben geben könnte.

Es ist nicht weniger als eine wissenschaftliche Sensation, denn seit Jahren suchen Astronomen nach einem Exoplaneten, auf dem außerirdisches Leben möglich sein könnte. Nun könnten sie einen weiteren Kandidaten gefunden haben – aber diesmal in der unmittelbaren Nachbarschaft unseres Sonnensystems.

Der „Planeten-Kandidat“ soll um den Stern Proxima Centauri kreisen, vermelden die Astronomen um Guillem Anglada-Escudé von der Queen-Mary-Universität in London. Der Stern ist der nächste Nachbar unserer Sonne mit einem Abstand von 4,2 Lichtjahren oder rund 40 Billionen Kilometern. Sein Planet erhielt den Namen Proxima Centauri b. Unter den 31 Autoren der im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichten Studie sind auch deutsche Wissenschaftler. Bereits seit einigen Tagen kursierten Gerüchte über die Entdeckung.

Wie wurde der Planet entdeckt? Der Exoplanet wurde von den Forschern nicht direkt beobachtet – dafür sind heutige Teleskope zu leistungsschwach. Auf die Spur kam ihm Anglada-Escudé mit einem Spektografen und einer Methode, die minimale Sternbewegungen nachweist. Beides lieferte Indizien für einen Planeten. Viele Nachmessungen und der Vergleich mit alten Messdaten belegen nach Einschätzung der Experten, dass es kein Störsignal ist. „Die Wahrscheinlichkeit für einen Planeten liegt bei nahezu 100 Prozent“, sagte Astronom Martin Kürster vom Max-Planck-Institut (MPI) für Astronomie in Heidelberg, dessen Forscher an der Studie beteiligt waren.

Was den Planeten erdähnlich macht, sind die Daten, dass Proxima Centauri b der Erde von seiner Masse her sehr ähnlich und gerade mal 1,3 Mal schwerer ist. Eine weitere Ähnlichkeit besteht darin, der Planet befindet sich wie die Erde in der sogenannten habitablen Zone um seinen Mutterstern. Dies ist ein ringförmiger Bereich um den Stern herum, in dem die Temperaturen so moderat sind, dass auf Planeten vorhandenes Wasser dauerhaft in flüssiger Form vorkommen kann. Bei Proxima Centauri liegt diese Zone vergleichsweise nah am Stern – denn es handelt sich um einen roten Zwergstern, der deutlich leichter und dunkler ist als unsere Sonne. Mit ihr verglichen liegt Proximas Masse bei 12 Prozent, die Leuchtkraft bei gerade einmal 0,17 Prozent. Ob es auf seinem Planeten Wasser gibt, wissen die Forscher jedoch nicht.

Was den Planeten von der Erde unterscheidet: Es gibt bedeutende Unterschiede zur Erde. Etwa umkreist der Planet in nur sieben Millionen Kilometern seinen Heimatstern Proxima – die Distanz zwischen Sonne und Erde ist mehr als 20 Mal größer. Wegen der großen Nähe dauert ein Jahr auf Proxima Centauri b auch nur 11,2 Tage. Das allein spricht nicht gegen Leben auf dem Planeten. Wohl aber, dass er womöglich so langsam rotiert, dass er dem Stern immer dieselbe Seite zuwendet. Dann wäre es auf der einen Hälfte ständig sehr heiß, auf der anderen hingegen kühl. „Es ist unklar, wie Leben unter solchen ungünstigen Bedingungen entstehen kann“, schreiben Forscher vom Max-Planck-Institut in Heidelberg. Zudem bombardiere Proxima Centauri seinen Begleiter mit hochenergetischen Teilchen und Röntgenstrahlung. Unklar ist auch, ob Proxima Centauri b wie die Erde eine Atmosphäre hat, die ihn davor schützen könnte.

Wie wollen Forscher herausfinden, ob es dort Leben gibt? Ob es auf Proxima Centauri b Leben gibt oder nicht, werden Forscher erst klären können, wenn ihnen bessere Technik zur Verfügung steht. Denkbar sei in den nächsten Jahrzehnten etwa eine hochauflösende Spektroskopie – also die Untersuchung der stofflichen Zusammensetzung des Exoplaneten anhand der von ihm reflektierten Strahlung , schreiben Autoren der Studie. Sogar Roboterexpeditionen in den kommenden Jahrhunderten seien denkbar. Die nächste Generation von Teleskopen könnte den Planeten immerhin zum ersten Mal direkt beobachtbar machen. Diese Teleskope werden Mitte des nächsten Jahrzehnts in Betrieb gehen. Dennoch: Falls Aliens auf Proxima Centauri b leben, dürfte bis zu ihrer Entdeckung noch einige Zeit verstreichen.

Welche weiteren Erkenntnisse liefert der Fund für die Suche nach Aliens? „Was uns Wissenschaftlern besonders gefällt: Das ist der häufigste Sternentyp“, sagte MPI-Astronom Kürster. 70 bis 80 Prozent der Sterne in der Milchstraße seien Rote Zwerge. „Wenn es schon beim ersten einen Treffer gibt, legt das die Vermutung nahe, dass es viele solcher Planeten gibt.“ Bislang haben Astronomen den Angaben zufolge mehr als 3500 extrasolare Planeten entdeckt.

von

Günter Schwarz – 25.08.2016