Gabriel: TTIP-Verhandlungen sind de facto gescheitert
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hält das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA für gescheitert. „Die Verhandlungen mit den USA sind de facto gescheitert, weil wir uns den amerikanischen Forderungen natürlich als Europäer nicht unterwerfen dürfen“, sagte Gabriel gestern Abend im ZDF-„Sommerinterview“. Keiner wolle es zugeben, aber eigentlich sei das Freihandelsabkommen passé. Seine Einschätzung der Verhandlungen ist vernichtend.
In 14 Verhandlungsrunden zu 27 TTIP-Kapiteln habe man „nicht einen einzigen gemeinsamen Text hingekriegt“, gab der Vizekanzler der großen Koalition am Sonntag beim „Tag der offenen Tür“der Bundespressekonferenz zu. Gabriel betonte nochmals: „Wir dürfen uns aber den amerikanischen Vorschlägen nicht unterwerfen.“
Bereits in einem am Samstag aufgezeichneten ZDF-Sommerinterview hatte der SPD-Chef Abschied von dem auch in seiner Partei heftig umstrittenen Handelsprojekt genommen und schon konstatiert, Europa dürfe sich nicht den amerikanischen Forderungen unterwerfen.
Er verteidigte in der Bundespressekonferenz die SPD-Debatten über TTIP und auch das geplante europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta. Er sei froh, dass die Sozialdemokraten über ein für Europa so wichtiges Projekt diskutierten. „Andere Parteien haben, schon bevor das auf Deutsch übersetzt war, gewusst, dass sie dafür sind oder dagegen.“
Dagegen verteidigte Gabriel das geplante Ceta-Abkommen zwischen der EU und Kanada und bedauerte, dass dieses bereits ausverhandelte Abkommen der EU mit Kanada in der Debatte oft mit TTIP in einen Topf geworfen werde. „Ich bin für das kanadische Abkommen, weil es uns dazu zwingen würde, die ganzen schlechten Abkommen der Vergangenheit mal auf einen besseren Standard zu heben. Und zweitens, weil es uns daran hindern würde, mit den Vereinigten Staaten oder sonst wem ein neues schlechtes Abkommen zu schließen.“
Am 17. September sind in mehreren deutschen Städten Demonstrationen gegen beide Abkommen angekündigt. Ceta gilt Kritikern als Blaupause für TTIP. In der SPD wächst der Widerstand dagegen. „Bei Ceta habe ich große Bedenken. Wenn es nicht in den nächsten Wochen noch dramatische Weiterentwicklungen und Verbesserungen gibt, kann ich mir nicht vorstellen, dass wir das aus Berlin unterstützen können“, sagte Berlins Regierungschef Michael Müller.
Die SPD will am 19. September auf einem Parteikonvent in Wolfsburg ihre Position zum Ceta-Abkommen zwischen der EU und Kanada festlegen. „Wir werden das ganz sicher klug beraten und am Ende auch entscheiden“, sagte Gabriel im ZDF. Ungeachtet des Widerstands innerhalb der SPD geht der Parteichef weiter von einer Zustimmung der Sozialdemokraten aus: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die deutsche Sozialdemokratie Europa anhält und sagt, wir wollen lieber bei den ganzen schlechten Abkommen bleiben.“
von
Günter Schwarz – 29.08.2016