Inmitten der Burkini-Debatte erhitzt der Rauswurf zweier Muslimas aus einem französischen Restaurant die Gemüter. Weil „alle Muslime Terroristen“ seien, setzt der Besitzer die Frauen kurzerhand vor die Tür.

Inmitten der hitzigen Diskussion um das Burkini-Verbot facht ein Vorfall in der französischen Stadt Tremblay-en-France im Département Seine-Saint-Denis in der Region Île-de-France die Debatte an. Wie ein heimlich gefilmtes Handyvideo zeigt, soll ein Restaurantbesitzer zwei Muslimas aus dem mit einem Michelinstern ausgezeichneten Lokal „Le Cénacle“ geworfen haben – eben weil sie Muslimas sind. Er soll dabei „Die Terroristen sind Muslime. Und alle Muslime sind Terroristen“ gesagt haben. Über den Vorfall hatte zunächst die „Süddeutsche Zeitung“ ausführlich berichtet.

Über die Vorgeschichte ist nichts bekannt – allerdings legen die Äußerungen der Frau zu Beginn des Videos nahe, dass es vorab einen Streit gegeben hat. Eine der Frauen sagt, sie wolle nicht von einem Rassisten bedient werden. Nach einer kurzen Diskussion über die jüngsten Fälle terroristischer Gewalt in Frankreich verweist der Mann die Gäste schließlich des Lokals: „Leute wie euch will ich bei mir nicht haben. Basta.“ Das Video wurde offenbar heimlich aufgenommen – die Frauen geben sich darin nicht zu erkennen. Allerdings wird deutlich, dass mindestens eine von ihnen Kopftuch trägt.

https://www.youtube.com/watch?v=n4AnNC-f09I

Protest auf politischer Ebene

Auf politischer Ebene sorgte der Vorfall am Wochenende für Empörung. Die Bevölkerung von Tremblay fühle sich verletzt und beschämt durch eine „Einstellung, die im Widerspruch zu unseren Werten der Toleranz, der Brüderlichkeit und des Rechts stehen“, teilte der Bürgermeister der Stadt nordöstlich von Paris mit.

Die französische Familienministerin Laurence Rossignol ließ via Twitter verlauten, sie habe die Interministerielle Delegation zum Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus (DILCRA) eingeschaltet, um Ermittlungen und Sanktionen gegen das „nicht hinnehmbare Verhalten des Restaurantbesitzers“ einzuleiten. Wegen rassistischer Diskriminierung hat zudem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.

Die betroffenen Frauen selbst haben sich mittlerweile laut „SZ“ an den nationalen Verband gegen Islamophobie in Frankreich (CCIF) gewandt, der auch zu den Klägern gegen ein Burkini-Verbot vor dem französischen Staatsrat gehört hatte. CCIF-Leiter Marwan Muhammad rief dazu auf, den Vorfall publik zu machen, ohne die Frauen selbst zu belästigen. Auch Versammlungen vor dem „Le Cénacle“ sollten unterlassen werden, um keinen Zwischenfall zu riskieren.
Mann entschuldigt sich

Der Restaurantbesitzer hat sich mittlerweile mehrfach entschuldigt. „Le Parisien“ zufolge gab er an, ein Freund von ihm sei beim Angriff auf den Nachtclub Bataclan getötet worden. Dem Fernsehsender BFM TV sagte er, seine Worte hätten seine Gedanken überholt. Er wolle sich bei den Frauen und der gesamten muslimischen Gemeinde entschuldigen. Muslime seien nette Menschen, so der Mann.

Ein weiteres Video zeigt ihn im Gespräch mit aufgewühlten muslimischen Bewohnern von Tremblay. „Wenn wir alle Terroristen wären“, will ein Mann wissen, „wären Sie dann noch am Leben?“ Woher die Gedanken kämen, fragt ein anderer. Sichtbar in die Enge getrieben sagt der Mann dazu: „Im Fernsehen sieht man Leute, die andere töten“, murmelt er.

Trotz der Entschuldigung drohen dem Restaurantbesitzer nun nicht nur juristische, sondern auch wirtschaftliche Konsequenzen. Zahlreiche Menschen nutzten die Bewertungsfunktion auf seiner Facebook-Seite, um ihren Unmut auszudrücken. Innerhalb kürzester Zeit gaben 21.000 Menschen dem „Le Cénacle“ die schlechtmöglichste Bewertung.

von

Günter Schwarz – 30.08.2016