
Facebook-Hetzer wegen Volksverhetzung verurteilt
„Verbrennt das Gesocks ordentlich und gründlich!“ Mit diesen Worten kommentierte Horst P. (Name geändert) laut Anklage am 30. April 2015 ein Foto im Internet. Eine Wortwahl, die der 66-Jährige am Mittwoch im Amtsgericht Pinneberg als „sehr ungünstig“ bezeichnete. Mit gesenktem Kopf schob er nach: „Das hätte nicht sein müssen.“ Und dass in der Überschrift des Fotos von „Deutschen Muslimen“ die Rede war, will er so nicht gesehen haben: „Ich habe das alles gar nicht gelesen.“ Und überhaupt, habe er sich niemals auf Muslime bezogen.
Das fragliche Foto zeigte laut Anklage Menschen, die die deutsche Fahne verbrennen. Darüber der Satz „Deutsche Muslime feiern ihre erfolgreiche Integration“. Das Foto war bei einer Facebook-Gruppe namens „Zeig Flagge Deutschland“ veröffentlicht worden und von Horst P. so kommentiert worden, dass dieser Beitrag von einem Nutzer aus Berlin gemeldet wurde. Die Folge: Die Staatsanwaltschaft erhob gegen den Hasloher Anklage wegen Volksverhetzung.
Der Argumentation, er habe sich nicht auf Muslime im allgemeinen, sondern nur auf die konkreten Personen auf dem Foto bezogen, wollten weder die Staatsanwaltschaft, noch der Richter folgen. „Das passt nicht“, sagte der Richter. Der 66-jährige habe genug Lebenserfahrung und ausreichend Kenntnisse im Umgang mit Facebook, dass er den Bezug zu den in der Überschrift erwähnten „Deutschen Muslimen“ zumindest billigend in Kauf genommen habe. Der Tatbestand der Volksverhetzung sei damit erfüllt.
Mehrmals betonte Horst P. während der Verhandlung, dass er nichts gegen Muslime habe. In seinem Freundes- und Bekanntenkreis gebe es zahlreiche Menschen dieser Religion. Erst am Tag vor der Verhandlung sei er mit drei Muslimen unterwegs gewesen, berichtete der Rentner.
Auf der Facebook-Präsenz, die nach Recherchen des Pinneberger Tageblatts dem Hasloher zugeordnet werden kann, deutet wenig auf ein derartiges Multi-Kulti-Umfeld hin: Bei vielen seiner Facebook-Freunde ziert das Logo der AfD die Profilfotos, teilweise auch die schwarz-weiß-roten Farben des Deutschen Reichs. Ein Beitrag, der auf der Facebook-Seite geteilt wurde, zeigt Flüchtlinge, die in den Hungerstreik getreten sind. Der Kommentar: „Let them starve and if they want let them die“ („Lass sie hungern und wenn sie es wollen, lasst sie sterben“). Als im September 2015 das Bild des ertrunkenen kurdischen Flüchtlingsjungen Ailan Kurdi für Entsetzen sorgte, erschien der Kommentar: „Ein Kind ertrinkt weil sein beschissener Vater neue Zähne will. Die deutschen Lügenmedien stricken die Geschichte zum einem Flüchtlingsdrama um. Dieses verrottete System samt seiner hörigen Presse muss beendet werden.“
Nach dem Urteilsspruch sagte Horst P. gegenüber dem Pinneberger Tageblatt, er „empfinde das Urteil als Frechheit“. Sein Anwalt und er werden beraten, ob sie Berufung einlegen. Noch ist das Urteil – 30 Tagessätze zu je zehn Euro – nicht rechtskräftig. Und zu seinem Facebook-Kommentar sagte er: „Man muss wohl in Zukunft vorsichtiger sein.“ Ein Vorsatz, den der Rentner kurze Zeit später in die Tat umsetzte. Während am Morgen seine Facebook-Beiträge noch für jeden sichtbar im Internet standen, war dies nachmittags nicht mehr der Fall. Offenbar hat er sie so bearbeitet, dass sie nur noch von ausgewählten Nutzern gesehen werden können. Oder er hat sie (hoffentlich!) gleich ganz gelöscht.
von
Günter Schwarz – 04.09.2016