In Hangzhou ist es am Rande des G20-Treffens zu einer „zarten Annäherung“ in den Standpunkten zwischen der Bundeskanzlerin und des türkischen Präsident Erdoğan gekommen, nachdem nach Wochen des Streits beide zu einem persönlichen Gespräch zusammentrafen. Merkel hofft nun bald auf „positive Nachrichten“.

Kanzlerin Angela Merkel geht davon aus, dass das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete bei Bundeswehrsoldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik in Kürze aufgehoben wird. Sie glaube, dass es diesbezüglich in den nächsten Tagen „positive Nachrichten“ zu dem berechtigten deutschen Anliegen geben werde, sagte die CDU-Chefin nach einem rund einstündigen Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beim G20-Gipfel in China.

Auch bei den Problemen im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei sehe sie die „Möglichkeit eines positiven Ausgangs“, sagte Merkel. Das werde allerdings wohl noch etliche Wochen dauern. Einen Zeitpunkt nannte die Kanzlerin in dieser Frage nicht. Hier geht es darum, dass die EU den Türken nur Visafreiheit gewähren will, wenn Ankara seine umstrittenen Anti-Terrorgesetze entschärft.

In Incirlik sind mehr als 200 deutsche Soldaten stationiert, die sich am internationalen Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat beteiligen. Ankara hatte das Besuchsverbot aus Ärger über die Völkermord-Resolution des Bundestags zu den Armeniern erteilt.


Gruppenfoto in China: In der ersten Reihe steht US-Präsident Barack Obama neben Angela Merkel, auf der anderen Seite von Chinas Xi Jinping stehen die Präsidenten der Türkei und Russlands, Recep Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin. (Foto: DPA)
Merkels Entschärfungsversuch schlägt Wellen

Merkel hatte am Freitag versucht, den Streit mit der Türkei darüber zu entschärfen. Die Kanzlerin sagte, der Parlamentsbeschluss zum Vorgehen des Osmanischen Reichs gegen die Armenier vor mehr als 100 Jahren sei für die Bundesregierung rechtlich nicht bindend.

Nach türkischen Angaben hat Merkel bei ihrem Treffen Erdoğan versichert, dass Deutschland den Putschversuch in der Türkei im Juli ablehne. Merkel betonte demnach, dass Deutschland auf der Seite der Demokratie stehe, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Quellen im Präsidentenamt in Istanbul. Erdoğan habe Merkel für ihre telefonische Unterstützung nach dem gescheiterten Putsch gedankt.

Es war das erste persönlichen Treffen von Merkel und Erdoğan nach dem erfolglosen Putschversuch von Militärs in der Türkei im Juli. Zwischenzeitlich hatten sie lediglich miteinander telefoniert.

von

Günter Schwarz – 04.09.2016