Ex-Papst Benedikt XVI. spricht von „homosexueller Seilschaft“ im Vatikan
In einem neuen Gesprächsbuch bricht der emeritierte Papst Benedikt sein Schweigen. Er verteidigt sein Pontifikat und kritisiert die römisch-katholische Kirche in Deutschland.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat Gerüchte bestätigt, wonach es im Vatikan während seines Pontifikats einen einflussreichen Kreis einer „homosexuelle Seilschaft“ gab. Er habe ihn zerschlagen lassen. „Ob sich wieder was bildet, weiß ich nicht“, sagte der 89-Jährige dem Journalisten Peter Seewald in einem am Freitag erscheinenden Dialogbuch, über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Laut dem Manuskript nimmt Benedikt auch zu den Skandalen um pädophile Priester und korrupte Machenschaften im Vatikan Stellung. Es sei ihm nicht gelungen, die Kirche so vom „Schmutz“ zu reinigen, wie er sich das gewünscht habe. Immerhin habe er jedoch Hunderte pädophiler Priester entlassen. Homosexuelle, Pädophile, Bürokraten: der emeritierte Papst geht mit der katholischen Kirche in Deutschland hart ins Gericht – in seinem neuen Buch. Dort gebe es einen „Überhang an ungeistlicher Bürokratie“, eine „Theoretisierung des Glaubens“ und einen „Mangel an einer lebendigen Dynamik“.
Sehr freimütig und ausführlich äußerte sich Benedikt zu Fragen nach seinem überraschenden Rücktritt als Papst im Jahr 2013. Der Amtsverzicht sei keine Folge von Intrigen und Skandalen oder der Vatileaks-Affäre gewesen. „Zurücktreten darf man nicht, wenn die Dinge schiefliegen, sondern wenn sie in Frieden sind. Ich konnte zurücktreten, weil in dieser Situation wieder Ruhe eingekehrt war.“ Er ergänzte: „Man darf nie weggehen, wenn es ein Davonlaufen ist. (…) Man darf nur weggehen, wenn niemand es verlangt.“ Er habe seine freie Entscheidung noch nicht eine Minute bereut: „Ich sehe jeden Tag, dass es richtig war.“
Mit der Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum neuen Papst Franziskus hatte er nicht gerechnet, räumte Benedikt ein. Zwischen ihnen gebe es aber keinerlei Bruch: „Er setzt vielleicht neue Akzente, natürlich, aber es sind keine Gegensätze.“ Eine große Stärke von Franziskus sei die persönliche Zuwendung zu den Menschen: „Es ist eine neue Frische in die Kirche gekommen, eine neue Fröhlichkeit, ein neues Charisma, das die Menschen anspricht, und das ist schon etwas Schönes.“
von
Günter Schwarz – 08.09.2016