Die CSU ist die Konstante des politischen Klamauks. In der CSU unterstreicht man den Herrschaftsanspruch gerne mit lautem und zumeist hirnlosem Gebrüll. Damit hält sie sich schon länger an der Macht als die Kommunistische Partei Chinas. Doch selbst in Bayern wird es sich nicht vermeiden lassen, dass auch dort im „Alpenvorland“ eines Tages das 21. Jahrhundert Einzug halten wird.

Ihren Franz-Josef Strauß, dessen 100. Geburtstag die Bayern im vergangenen Jahr am 6, September feierten, hatte die CSU schon zu Lebzeiten heilig gesprochen und auf eine Ebene mit dem spleenigen König Ludwig II. gestellt. Ein Teufelskerl, ein Polit-Urviech, raunen sie bis heute voller Ehrfurcht. Dieser gebildete Sohn eines monarchistischen Metzgers, dick, dreist, feist, völlig korrupt und katholisch bis auf die Knochen, hatte stets einen derben Spruch auf den Lippen, oft einen lateinischen. „Man muss“, lehrte Strauß, „heftige Worte, aber maßvolle Taten gebrauchen.“ So zementierte er die absolute Mehrheit der „Christlich Sozialen Demokraten“ in Bayern.


Franz Josef Strauß
Seiner Partei gilt er als Vater und als die „Ausnahmepersönlichkeit“ . Die CSU-Zentrale ist nach Strauß benannt, und auch der Münchner Flughafen trägt seinen Namen. Was insofern passt, als der Hobby-Pilot gern in alle Welt jettete, um Diktatoren die Pranke zu schütteln – Chiles Pinochet, Paraguays Stroessner, auch Griechenlands Junta und dem Apartheid-Regime Südafrikas. Seinen Duzfreund Eyadema, Herrscher von Togo, beglückte er mit dem Kalauer: „Wir Schwarzen müssen zusammenhalten.“ Die Schulkinder hatten zu sagen: „Josef ist der Größte.“ – und dann schoss man Antilopen! Stets bejubelt wurden diese und seine weiteren Eskapaden von der Springer-Presse und den „angeschlossenen Funkhäusern“ wie seinem „Haussender“, dem Bayerischen Rundfunk.

Der Teufelskerl Strauß

Franz Josef verstand die Kunst der paradoxen Machtausübung, der einerseits König und unbestrittener Herrscher über Bayern war und andererseits dem Volk gegenüber auch den Rebellen überzeugend zu spielen verstand. Er überstand tausend irre Affären und Skandale. Nur als er 1962 Journalisten einsperren ließ und auch noch nachgewiesenermaßen log, musste er als Verteidigungsminister zurücktreten. Aber es hat ihm nicht einmal geschadet, denn ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Und das tat er! Meistens schlug er als Erster zu und ging der Schlag daneben, musste schnell der nächste folgen. Die permanente Offensive ist bis heute Prinzip der CSU, die Horst Seehofer wie auch sein Vorgänger Edmund Stoiber zu kopieren suchen – und so sehr sie sich auch mühen, mit dem „Original“ sind sie nicht zu vergleichen.

Im CSU-Shop gibt es den FJS-Anstecker für 2,99 Euro, dazu ein „Damen T-Shirt mit V-Ausschnitt“ in schwarz. Edmund Stoiber hat Strauß noch die Tasche getragen und durfte wie ein Dackel neben ihm herlaufen. Horst Seehofer verbietet jede Kritik am „Vater des CSU-Erfolgs“, der darin besteht, die Auto- und Wurstfabrikanten zu umschmeicheln und den Kleinen gelegentlich ein Trinkgeld zuzustecken; ein Betreuungsgeld etwa. Jeder Bayer soll das Gefühl haben, einen guten Deal zu machen und darf nicht merken, dass er total besch… wird – äh, über den Tisch gezogen wird, da er die wohlige Reibungswärme als Streicheleinheit empfindet.

Gefühle sind überhaupt ein zentrales Führungsmittel der CSU. Nach außen beißt und brüllt man, schimpft auf Sozis, Grüne, Griechen, Flüchtlinge und Merkel, kämpft gegen Zuwanderung fremder Kulturen „bis zur letzten Patrone“ (Zitat: Seehofer). Auch nach innen setzt es oft was. Das Parteileben mutet an wie eine routinierte Wirtshausschlägerei, nach der hernach wieder alle lächeln, sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und  „oa Mass“ saufen. Der Unterlegene preist den Sieger, sammelt selbst emsig Posten, Medaillen und Bewunderer, bis alle rufen: „Zismariäjoseph, Kruzitürken! – Oa Pfundskerl!“ Es ist ein Ritus, wie ihn der Komödienstadl nicht besser auf die Bühne zu bringen vermag.

Bayerische Politik ist ein Wechselspiel von Angriff und Unterwerfung, gewürzt mit Machismo und Folklore – eine Mixtur aus heuchlerischer Gottesfurcht, blinder Gefolgschaft und Geschäftemacherei oft am Rande der Legalität. Nach diesem „vordemokratischen“ aber erfolgreichen Modell herrscht die CSU fast ununterbrochen seit 1945.

Nur in den Anfangsjahren war, was für eingefleischte CSUler unfassbar erscheint, ein Sozialdemokrat zweimal kurz Ministerpräsident. Es war Wilhelm Hoegner, der von 1945 bis 1946 und 1954 bis 1957 Bayerischer Ministerpräsident war. Die CSU kommt auf 67 Machtjahre über Bayern, mehr als die KP Chinas und selbst die KP der Sowjetunion wird bald übertroffen sein.

Strauß wäre nie – wie Guttenberg – an einer dilettantisch abgeschriebenen Doktorarbeit gescheitert. Doch Strauß ist tot, seine Ära ist passé. Aber wie lange kann solch Straußsches Gepolter voller Klamauk noch nachwirken? Selbst in Bayern wird eines Tages das 21. Jahrhundert anbrechen und der irrationale Klamauk um Leitkultur, Stromtrassen, PKW- Maut, Herdprämie und andere Schnapsideen auch dort keine Bewunderung mehr auslösen, sondern nur noch Befremden und Kopfschütteln, wie im Rest der Republik, wenn Horst Seehofer wieder mal einen „Klopfer loslässt“.

von

Günter Schwarz – 10.09.2016