Wieder so ein schöner Tag
An so einem richtig schönen, sonnigen Tag wie heute kann man auch schon mal auf so richtig schöne Ideen kommen.
Na, waren sie heute schon vor der Tür, oder haben sie schon einmal zum Fenster rausgeschaut? – Nein? Aber ich! – Und wenn ich die Zeichen des Himmels an diesem Morgen richtig deute, dann wird das auch heute wieder so ein richtig schöner Tag. Und an so einem richtig schönen und sonnigen Tag kann man auch schon mal auf so richtig schöne Ideen kommen, die allen Freude bereiten.
Ich hätte da zum Beispiel eine Idee! – Wie wäre es, wenn wir den heutigen Mittwoch zum Tag der Freundlichkeit erklären? Ganz spontan, ganz ohne Hektik und ganz einfach nur so, um eine stimmungsmäßige Auszeit zu nehmen und nervlich zu relaxen.
Also ich für meinen Teil könnte sie auf jeden Fall gut vertragen, so eine kleine entspannte Pause in all dem Zank und Streit, der im Moment das Klima in diesem Land verpestet. Irgendwie habe ich es in der letzten Zeit nur noch mit extrem schlecht gelaunten Zeitgenossen zu tun, die bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit gleich mit geplatztem Hemdkragen aus dem Anzug springen und auf niedrigstem intellektuellem Niveau rumpöbeln.
Im Straßenverkehr, an der Supermarktkasse oder am Kneipentresen – nur ein falsches Wort und irgendjemand gerät dermaßen unter Druck, dass ihm der emotionale Deckel vom Schnellkochtopf fliegt und gegen die Decke schießt.
Neulich stand ich mit einer Nachbarin in einer größeren Menschenmenge an der Bushaltestelle. Meine Nachbarin sprach über die Heizkostenabrechnung für die letzte Heizperiode, die uns tags zuvor zugegangen war und die einen horrenden Kostenanstieg aufwies. Um sie zu beruhigen, sagte ich nur zu ihr: „Wir schaffen das!“
Na, da war vielleicht was los! Mir persönlich völlig unbekannte Menschen beschimpften mich lauthals als Lügner, Traumtänzer, Idiot und rot-grün verseuchten Gutmenschen. Andere versuchten, mich zu verteidigen, in dem sie ihre Gegenüber mit Ausdrücken wie Faschisten, Rassisten, Ausländerfeinde oder gar Nazis nieder zu brüllen versuchten. Und je höher die schlechte Stimmungsschaukel ins Schwingen kam, desto gemeiner wurden die Kraftausdrücke, die sich die vor Wut schäumenden Kontrahenten gegenseitig um die mittlerweile völlig tauben Ohren hauten.
Meine Nachbarin und ich haben uns dann schleunigst dezent verdrückt, und wären beim Überqueren einer roten Fußgänger-Ampel fast von einem Auto angefahren worden, dessen Fahrer uns aufgrund unserer Unachtsamkeit ohne zu zögern als „Drecksäue“, „Hornochsen“ und „Blöde Arschlöcher“ titulierte.
Entschuldigen sie die derben Ausdrücke, aber solcherlei verbale Injurien gehören mittlerweile zum schlechten Ton hier im Lande, der selbst die harmlosesten zwischenmenschlichen Konflikte begleitet und sich auch in den sozialen Medien wiederfindet. Das darf und muss doch nicht sein!
Und deshalb ist hier mein Vorschlag, den heutigen Tag, den Mittwoch, zum Tag der Freundlichkeit zu erklären. Alle Unhöflichkeiten vermeiden, keine Wutausbrüche zulassen und keine Beschimpfungen kommen über die Lippen! Einfach zwei- oder dreimal schlucken, bevor das sauer Aufgestoßene wieder hochkommt, und dann eventuell den Mitmenschen nur kurz anlächeln, ihm den Vortritt lassen und ihm ganz entspannt einen wunderschönen Tag wünschen.
Und sollte es doch irgendeinen tiefgreifenden Konflikt mit einem Arbeitskollegen oder einem übelgelaunten Nachbarn geben, der sich nicht durch einen freundlichen Dialog bereinigen lässt, dann vereinbaren wir einfach ein versöhnliches Gipfeltreffen, so wie die Spitzen der schwarz-roten Kesselflicker-Koalition am vergangenen Sonntag im Kanzleramt in Berlin taten. Da haben sich auch die Merkel, der Gabriel und der Seehofer zusammengesetzt und auf dem Tisch lag das heiße Eisen, über das sie nun schon seit Wochen und Monaten erbittert streiten: Die Flüchtlingspolitik! Und was haben die drei gemacht? Sie haben das Thema schlichtweg komplett ignoriert.
Das nenne ich ein harmonisches Miteinander! – Gut, dass wir nicht darüber gesprochen haben. – Schönen Tag noch!
von
Günter Schwarz – 14.09.2016
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