Neue Vorwürfe kommen gegen den philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte ans Tageslicht. Laut den Aussagen des philippinischen Mitglieds einer Todesschwadron, Edgar Matobato, vor dem philippinischen Senat soll Duterte in seiner Zeit als Bürgermeister der südphilippinischen Großstadt Davao Morde an Kriminellen sowie politischen Gegnern in Auftrag gegeben haben.

Duterte propagiert seit seinem Amtsantritt Ende Juni außergerichtliche Tötungen mutmaßlicher Straftäter, Drogenhändler und Drogensüchtige. Seit seinem Amtsantritt Ende Juni wurden in dem Land schon fast 3.000 Menschen getötet – teils von der Polizei, teils von Bürgerwehren. Menschenrechtsgruppen und die UNO kritisieren das Vorgehen der Führung scharf, sie beklagen ein Klima der Gesetzlosigkeit.


Edgar Matobato sagte vor einem Senatshearing gegen Duterte aus
Aussagen unter Eid

In seiner Zeit als Bürgermeister soll Duterte Morde allerdings direkt beauftragt haben. Duterte war von 1988 bis 1998, von 2001 bis 2010 und erneut seit 2013 Bürgermeister der Millionenmetropole. Laut den Aussagen von Matobato unter Eid beauftragte Duterte ihn und weitere Mitglieder eines Tötungskommandos, das später Davao-Killerkommando genannt wurde, Kriminelle und auch politische Gegner zu töten.

Insgesamt sollen rund 1.000 Menschen ermordet worden sein, wie der „Guardian“ berichtete. Matobato sagte bei der auf den Philippinen live übertragenen Senatsanhörung, dass er gehört habe, wie Duterte einige der Morde selbst in Auftrag gab. Er, Matobato, habe rund 50 Entführungen und tödliche Anschläge durchgeführt. Er berichtete auch von einem Fall aus 2007, bei dem ein Mann in Davao einem Krokodil zum Fraß vorgeworfen worden sei, wie die Website Philstar schreibt.

„Erschossen, stranguliert“

Die Mitglieder der Todesschwadron in Davao seien vorwiegend Polizisten und ehemalige kommunistische Rebellen gewesen. „Unser Geschäft war es, Kriminelle wie etwa Drogenhändler, Vergewaltiger, Räuber und Diebe zu töten“, so Matobato. Einige Opfer seien aber keine Kriminellen, sondern Gegner bzw. im Umfeld von Dutertes Gegnern in Davao gewesen. Ein Opfer sei etwa auch ein Sohn von Dutertes politischem Gegenspieler gewesen.

Unter den Opfern soll laut Matobato ein reicher Geschäftsmann gewesen sein. Er sei in der Provinz Cebu wegen des Streits um eine Frau mit Dutertes Sohn ermordet worden. Dutertes Sohn ist derzeit Vizebürgermeister von Davao. Die Opfer seien entweder erschossen oder stranguliert worden. Einige von ihnen seien in Davao einfach auf die Straße geworfen worden. Andere seien in drei unmarkierten Gräbern und auch einem Steinbruch verscharrt worden, so Matobato weiter. Wiederum andere seien einfach ins Meer geworden worden. Man habe ihnen die Bäuche aufgeschlitzt, um sicherzugehen, dass sie auch untergingen. „Sie wurden wie Hühner umgebracht“, so Matobato bei der Anhörung unter Eid.

Zu den Opfern zählten nach seiner Aussage ein Freund von Dutertes Schwester und Leibwächter eines örtlichen Rivalen. In einem Fall habe er miterlebt, wie Duterte selbst einen Ermittler des Justizministeriums erschossen habe, berichtete Matobato weiter.

Duterte: „Hurensohn hat es verdient“

Duterte soll in Davao auch den Mord an dem kritischen Journalisten und Politiker Jun Pala beauftragt haben. Er selbst sei darin aber nicht involviert gewesen, so Matobato. Duterte hatte im Juni bei einer Pressekonferenz den Mord im Jahr 2003 erwähnt. Pala sei ein „mieser Hurensohn“ gewesen und habe „es verdient“, so Duterte. Eine Verwicklung in den Mord bestritt Duterte aber.

Wegen Schuldgefühlen habe er, Matobato, sich schließlich von dem Killerkommando abgesetzt und sei in ein staatliches Zeugenschutzprogramm gekommen. Das Zeugenschutzprogramm habe er, als Duterte Präsident wurde, aus Angst vor Ermordung aber wieder verlassen.

Senatorin Dorn im Auge Dutertes

Präsidentensprecher Martin Andanar wies alle Anschuldigungen zurück. Es habe bereits Untersuchungen der Regierung über Dutertes Zeit als Bürgermeister von Davao gegeben. Sie seien wegen Fehlens jedweder Art von Beweisen im Sand verlaufen. Das Senatskomitee wird von einer Gegnerin des von Duterte ausgerufenen Krieges gegen Kriminelle, Senatorin Leila Magistrado da Lima, geleitet.

Da Lima ist Duterte ein Dorn im Auge. Er beschuldigte sie, an dem Geschäft mit Drogen zumindest indirekt beteiligt zu sein. Sie habe einen Fahrer, der Geld von einem inhaftierten Drogenbaron angenommen habe. Die Anhörung war ob der politisch sensiblen Materie kurzfristig angesetzt worden, die Sicherheitsvorkehrungen für Matobato waren enorm, wie die BBC berichtete.

Wahlerfolg mit „Law and Order“

Der umstrittene Feldzug gegen die Kriminalität unter Dutertes Präsidentschaft kostet nach offiziellen Angaben pro Tag durchschnittlich 44 Menschen das Leben. Seit dem Amtsantritt von Duterte vor über zwei Monaten wurden bereits fast 3.000 Menschen von Polizei und Bürgerwehren getötet, wie die Polizei vorige Woche mitteilte. Dutertes Vorgehen sorgt im In- und Ausland für heftige Kritik.

„Hurensohn“ Obama

Anfang September hatte Duterte angesichts wachsender internationaler Kritik versichert, weitermachen zu wollen. „Es wird haufenweise getötet werden, bis der letzte Fixer von der Straße ist“, sagte Duterte. „Bis der letzte Drogenproduzent getötet ist, werden wir weitermachen.“ Er war im Mai mit dem Versprechen gewählt worden war, einen gnadenlosen Feldzug gegen die Kriminalität zu führen. Duterte legte sich auch mit US-Präsident Barack Obama an und bezeichnete ihn als „Hurensohn“. In Sachen Menschenrechte lasse er sich von niemandem belehren. Später zog er allerdings die Aussage halbherzig zurück.

von

Günter Schwarz – 16.09.2016