Der Grenzwert für den Nitratgehalt des Grundwassers wird an immer mehr Orten in Deutschland überschritten. Das geht aus der Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn (Grüne) hervor.

Die Nitratbelastung im Grundwasser steigt – mit verheerenden Folgen vor allem für Hausbrunnen-Betreiber. Durch die Belastung des Grundwassers mit Nitrat sind vor allem die Betreiber von Hausbrunnen betroffen, die ihr Trinkwasser direkt aus den oberen Schichten des Grundwassers beziehen. Im Gegensatz zu Wasserwerken sind sie nicht in der Lage, Wasser ausTiefbrunnen zu beziehen und belastetes Wasser mit unbelastetem Wasser zu vermischen, um so das Nitrat zu verdünnen.

Bundesweit bezieht etwa ein Prozent der Bevölkerung sein Wasser auf diese Weise – meist geschieht es in Regionen, in denen die Erschließung entlegener Gebäude oder Siedlungen mit dem öffentlichen Wassernetz zu teuer wäre.

Die Gewinnung dieses Trinkwassers unterliegt aber den gleichen Qualitätsanforderungen wie das Wasser aus dem öffentlichen Netz, so dass regelmäßig geprüft wird, ob alle Grenzwerte der Trinkwasserverordnung eingehalten werden. Unter anderem auch die Werte von Nitrat. Zuständig für die Untersuchung des Trinkwassers sind die Gesundheitsämter der Kreise und kreisfreien Städte.

Der Anteil der Messstellen, an denen ein Nitratgehalt über dem gesetzlichen Grenzwert von 50 mg/l gemessen wurde, lag im vergangenen Jahr bei 18,1 Prozent. Zum Vergleich war es im Jahr 2011 erst an 15,4 Prozent der Messstellen der Fall gewesen.


Die rosa gekennzeichneten Flächen weisen Gebiete aus, in denen die Nitratwerte die gesetzlichen Grenzwerte übersteigen.
Inzwischen sind den Angaben zufolge fast ein Drittel aller Flächen in Deutschland betroffen. In Nordrhein-Westfalen (40 Prozent), Schleswig Holstein (50 Prozent) und Niedersachsen (60 Prozent) ist der Anteil sogar noch deutlich höher.

„Die Massentierhaltung versaut uns das Grundwasser“, sagt die Umweltpolitikerin Höhn. „Seit über einem Jahr wird die Umsetzung neuer Düngeregelungen verschleppt“, prangerte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft an. „Wir zahlen die Zeche für die explodierende Produktion von Billigfleisch in Bundesländern wie Niedersachsen oder Schleswig-Holstein“, kritisierte Greenpeace.

Nitrat ist ein Pflanzennährstoff und wird als Dünger eingesetzt. Der Mensch nimmt es über Lebensmittel und über das Trinkwasser auf. Nitrat selbst ist nicht gesundheitsgefährdend. Es kann aber zu Nitrit umgewandelt werden, das den Sauerstofftransport im Blut blockiert. Außerdem steht Nitrit im Verdacht, über die Umwandlung zu Nitrosaminen indirekt krebserregend zu sein.

Ein wesentlicher Verursacher der hohen Nitratwerte ist die konventionelle Landwirtschaft, etwa weil Bauern zu viel Gülle und stickstoffhaltigen Kunstdünger auf die Äcker bringen. Die Wasserversorger müssen deshalb vielerorts zu stark belastetes Grundwasser mit unbelastetem Wasser verdünnen oder das Nitrat aufwendig und teuer technisch entfernen. In der ökologischen Landwirtschaft gelangt nicht so viel Nitrat ins Grundwasser, weil hier die Düngung beschränkt und strenger kontrolliert wird.

Die EU-Kommission hatte im vergangenen April beschlossen, beim Europäischen Gerichtshof wegen der Gewässerverunreinigung durch Nitrat eine Klage gegen Deutschland einzureichen.

Einer Umfrage zufolge machen sich mehr als 60 Prozent der Mitglieder des Verbandes Kommunaler Unternehmen Sorgen über die steigende Nitratbelastung und die damit verbundenen Mehrkosten für die Trinkwasseraufbereitung. Der Verband verwies auf Berechnungen des Umweltbundesamtes, wonach der Wasserpreis um bis zu einen Euro je Kubikmeter steigen könnte. Das wären für einen Zweipersonenhaushalt rund 50 Euro mehr pro Jahr.

von

Günter Schwarz – 18.09.2016

Bild: Nitrat