So kam die Kieler Polizei dem Marzipan-Erpresser auf die Spur
Mit vergifteten Marzipanherzen und Bombendrohungen hat ein Mann knapp eine Woche lang vier Schulen in Kiel in Angst und Schrecken versetzt. Heute in den frühen Morgenstunden wurde der mutmaßliche Täter von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei in seiner Wohnung gefasst. Ziel des Erpressungsversuchs war die Handelsgenossenschaft Coop.
Laut Staatsanwalt Michael Bimmler schweigt der Beschuldigte bislang. „Wir wissen nicht, warum er sich Coop ausgesucht hat“, sagte Bimmler auf einer Pressekonferenz am Nachmittag in Kiel. Morgen soll der Beschuldigte dem Haftrichter vorgeführt werden. Noch ist offen, ob ein Haftbefehl oder ein sogenannter Unterbringungsbefehl beantragt wird. Letzteres ist bei psychischen Erkrankungen der Fall. Es liefen Untersuchungen, ob der Mann psychisch krank ist.
Kauf der Marzipanherzen zurückverfolgt
Polizei und Staatsanwaltschaft erläuterten außerdem, wie sie dem 38-Jährigen auf die Spur kamen. Dabei waren die vergifteten Marzipanherzen, die der Täter am vergangenen Dienstag an der Reventlouschule ausgelegt hatte, der Schlüssel zum Erfolg. „Ohne diese Spur hätten wir heute noch im Nebel gestochert“, sagte der stellvertretende Polizeidirektor Joachim Gutt. Er leitete die extra für diesen Fall gegründete Besondere Aufbauorganisation (BAO). Die Ermittler zeichneten den Verkaufsweg anhand des Kaufbelegs für das Marzipan nach Mthilfe von Coop. „Schließlich konnten wir uns auf einen Sky-Markt konzentrieren. Hier wurden große Mengen der Süßigkeit verkauft“, sagte Rolfpeter Ott, Leiter der Kriminalpolizei Kiel.
Bei der Auswertung der Bilder aus der Überwachungskamera fiel den Ermittlern der polizeibekannte Mann auf. Zugreifen wollten und konnten sie eigenen Angaben zufolge zunächst nicht: Noch reichten die Hinweise nicht für einen Haftbefehl. Der Mann wurde weiter observiert. „Dabei beobachteten wir, dass er am Sonntag gegen 23 Uhr eine Dose mit Lebensmitteln an einer Bushaltestelle ablegte“, sagte Ott. Analysen ergaben: Auch die dort enthaltenen Lebensmittel waren vergiftet. Damit war der dringende Tatverdacht für eine Festnahme gegeben.
SEK-Einsatz am Morgen
Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei stürmte dann wenige Stunden später am frühen Montagmorgen um etwa 4 Uhr seine Erdgeschosswohnung in der Straße Fleethörn in Kiels Innenstadt. Dort überwältigten die Beamten zwei Personen. Der 38-jährige Kieler wurde von ihnen festgenommen. Auch die Wohnung der Eltern des Verdächtigen wurde durchsucht. Hinweise auf weitere Tatbeteiligte hat die Polizei nicht.
Drei Millionen Euro gefordert
Der Erpresser hatte von der Handelskette Coop einen Millionenbetrag gefordert – mehreren Medien zufolge verlangte er drei Millionen Euro in der digitalen Währung Bitcoins. Er habe unter dem Absender „coopwillpay“ (Coop wird zahlen) seine Drohungen verschickt, berichtete das Schleswig-Holstein Magazin. Die erste Droh-Mail versendete er bereits am 8. September. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatte der Täter zunächst an der Reventlou-Schule am 13. September verunreinigte Marzipan-Herzen ausgelegt.
Drei Tage später drohte der Erpresser damit, in drei Schulen explosive Stoffe deponiert zu haben. Bei einer Durchsuchung der Gebäude war aber nichts Gefährliches gefunden worden. Die ausgelegten Marzipanherzen waren nach Angaben der Ermittler mit einem natürlichen Insektenbekämpfungsmittel präpariert. Der Stoff wirke gegen Insekten, sei beim Menschen aber nicht tödlich, sagte Kripochef Binder.
von
Günter Schwarz – 19.09.2016