Ein früherer Olympia-Schwimmtrainer steht vier Jahre nach dem ersten Missbrauchs-Prozess erneut in Kiel vor Gericht. Der 44-Jährige soll sich von 2004 bis 2006 an einer von ihm betreuten jungen Sportlerin 18 Mal sexuell vergangen und dabei das Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt haben. Die Anklage in dem Berufungsverfahren lautet auf schweren sexuellen Missbrauch.

Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht kündigte der Mann am Montag über seine Verteidiger an, sich weder zur Person noch zu den Vorwürfen äußern zu wollen. Ende 2013 hatte ihn das Kieler Amtsgericht in der Sache freigesprochen.

Angeklagter soll Leben der Schwimmerin bestimmt haben

Neben dem Ex-Trainer saß auf der Anklagebank seine schwangere Ehefrau. Sie musste sich zum Prozessauftakt intimste Details der Anklagevorwürfe anhören. Demnach verging sich der Angeklagte erstmals während eines gemeinsamen Urlaubs auf Kreta an seiner damals 16-jährigen und sexuell völlig unerfahrenen Schwimmschülerin.

Bis zu neun Mal pro Woche trainierte er die junge Frau und bestimmte ihr Leben laut Anklage bis in die Essenspläne. Zu den Übergriffen kam es demnach auch in seiner Wohnung, in einem Berliner Hotel, einer Umkleidekabine im Ostseebad Scharbeutz und im Auto. Dabei soll der Angeklagte das Weinen und die Schmerzen des Mädchens bewusst ignoriert haben.

Freispruch durch das Amtsgericht

Das Kieler Amtsgericht hatte den Mann 2013 freigesprochen. Es sei nicht auszuschließen, dass die junge Frau die sexuellen Handlungen im Zuge einer Therapie umgedeutet habe. Sie hatte den Mann 2009 angezeigt. Gegen den Freispruch legten Staatsanwaltschaft und auch das mutmaßliche Opfer Berufung ein. Ein erster Anlauf der juristischen Aufarbeitung vor dem Amtsgericht war Ende 2012 kurz vor dem Urteil geplatzt, weil das Schöffengericht dem Antrag der Verteidigung auf ein Glaubwürdigkeitsgutachten stattgab.

Schwimmerin sagt erneut aus

Die junge Frau sagte am Montag erneut als Zeugin aus – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Mit einem Urteil wird im Dezember gerechnet. Für den Sportwissenschaftler bedeutete das Verfahren das Aus als Schwimmtrainer. Sein damaliger Verein kündigte ihm fristlos. Wären die Vorwürfe früher bekannt gewesen, hätte er schon nicht mit zu den Olympischen Spielen 2012 nach London fahren dürfen, hieß es.

von

Günter Schwarz – 20.09.2016