In der Ostsee werden sich nach Einschätzungen von Experten langfristig Delfine und größere Wale ansiedeln. Immer wieder werden zwischen den dänischen Inseln sowie von Flensburg bisUsedom große Meeressäuger gesichtet. Seit Juli tummelt sich zwischen den Inseln Rügen und Usedom ein zehn Meter großer Buckelwal. Schon seit einem Jahr schwimmen die beiden Großen Tümmler „Selfie“ und „Delfie „in der Ostsee umher. Und in der Kieler Förde sorgt derzeit der Delfin „Freddy“ für Begeisterung.

Führen die Meldesysteme zu häufigeren Sichtungen?

Die Wissenschaft rätselt noch über die Gründe für das Phänomen. „Wir wissen es nicht“, sagt der Direktor des Deutschen Meeresmuseums, Harald Benke, in Stralsund. Fakt ist, dass es in den vergangenen Jahren mehr Sichtungen von Großwalen und Delfinen in der Ostsee gab. Dies könne aber mit den verbesserten Meldesystemen zusammenhängen. So hat das Meeresmuseum eine App entwickelt, mit der direkt vom Boot aus jedes Tier gemeldet werden kann. Auch Handyvideos, die in sozialen Netzwerken verbreitet werden, könnten den Eindruck entstehen lassen, es seien mehr Tiere unterwegs.

Großer Tümmler könnte Ostsee dauerhaft besiedeln

Beim Großen Tümmler sehen die Meeresbiologen des Deutschen Meeresmuseums durchaus Chancen, dass er die Ostsee als Lebensraum langfristig besiedeln kann – auch, weil die Population dieser Delfin-Art in der Nordsee anscheinend wächst. „Der Große Tümmler ist sehr standorttreu“, sagt der Walforscher Benke. Mit Dorschen und Heringen gebe es in der Ostsee ausreichend Nahrung.

Die Weibchen fehlen bislang noch

Bislang wurden in der Ostsee allerdings nur Männchen beobachtet. Für den dauerhaften Verbleib sei das Nachrücken von Weibchen entscheidend. Eine weitere Besonderheit der Ostsee macht es den neuen Bewohner außerdem schwer, denn anders als die Nordsee friert sie bei kalten Wintern zu großen Teilen zu. Meeressäuger müssen aber regelmäßig zum Atmen an die Oberfläche. Ähnlich wie die heimischen Schweinswale sind aber auch Delfine durchaus in der Lage, in der Ostsee zu überwintern – wie „Selfie“ und „Delfie“ bewiesen haben.

Buckelwale bleiben Irrgäste in der Ostsee

Möglicherweise nehmen auch die Sichtungen imposanter Buckelwale in der Ostsee zu – bei ihnen werde es sich aber auch künftig um Irrgäste handeln, so die Einschätzung der Experten. Sie benötigen zum Überleben große Wanderstrecken vom Nordatlantik bis zu den subtropischen Bereichen. „Die Ostsee liegt nicht auf der Wanderroute“, sagt Benke. Da sich der Bestand in den Ozeanen seit einem Bejagungsverbot für Großwale in den 1980er Jahren langsam erholt, könnten sich auch mehr Buckelwale in die Ostsee verirren.

von

Günter Schwarz – 20.09.2016