Kopftuch entscheidet über Bewerbungserfolg
Eine Linzer Wissenschaftlerin unternimmt einen Feldversuch und versendet über Monate fast identische Bewerbungen. Mal hat die Bewerberin deutsche, mal türkische Wurzeln, mal trägt sie Kopftuch. Das Ergebnis bestätigt: Vorurteile bestimmen den Arbeitsmarkt.
Um eine Einladung zum Bewerbungsgespräch zu bekommen, müssen türkischstämmige Frauen mit Kopftuch viermal mehr Bewerbungen verschicken als eine Frau mit deutschem Namen und identischer Qualifikation. Das ergibt eine neu veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit. Bei Stellen, die höhere Qualifikation erfordern, steige die Diskriminierung der Studie zufolge sogar noch weiter an.
Das Ergebnis ist Resultat eines Feldversuches, den die Wissenschaftlerin Doris Weichselbaum der Universität Linz unternahm. Über ein Jahr lang versendete die Ökonomin rund 1500 Bewerbungen mit den fiktiven Personen Sandra Bauer und Meryem Öztürk. Beide wiesen die gleichen Qualifikationen auf. Bewerbungen mit dem Namen Sandra Bauer erhielten in 18,8 Prozent der Fälle eine Einladung zum Vorstellungsgespräch – mit türkischem Namen waren es im Schnitt nur 13,5 Prozent positive Rückmeldung.
Trug die türkische Bewerberin auf ihrem Bewerbungsfoto ein Kopftuch, sank die positive Antwortrate auf 4,2 Prozent. Umgerechnet musste die fiktive, kopftuchtragende Meryem also 4 bis 5 Mal so viele Bewerbungen schreiben wie ihr deutsches Alter Ego.
Trotz der offensichtlichen Diskriminierung würden Probleme von Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt häufig einer geringeren Qualifikation zugeschrieben, wie es auf der Seite des Institut steht. Die Wissenschaftlerin Weichselbaum kritisiert darum: „Im Westen wird das Augenmerk stets auf die Situation von Frauen in muslimischen Kulturen gerichtet, selten jedoch beschäftigen wir uns mit der Diskriminierung von Musliminnen durch die westliche Gesellschaft“. Die Studie ist nicht die erste, die Diskriminierung von Migranten auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland belegt.
von
Günter Schwarz – 21.09.2016