Nach einem DW-Interview mit dem türkischen Minister Akif Cagatay Kilic konfiszieren dessen Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen das Videomaterial. Die Konfiszierung des Materials durch die türkische Regierung hatte vor ca. drei Wochen weltweit Schlagzeilen gemacht. Jetzt hat der deutsche Auslandssender Klage vor einem Zivilgericht in Ankara auf die Herausgabe eingereicht und beruft sich auf die Pressefreiheit.

Die Deutsche Welle reichte beim Zivilgericht in Ankara wegen eines beschlagnahmten Interviews mit dem türkischen Minister für Jugend und Sport, Akif Cagatay Kilic, Klage ein. Der Sender will damit die Herausgabe des Videomaterials erreichen, das nach dem TV-Interview für die DW-Sendung „Conflict Zone“ mit Michel Friedman von Ministeriumsmitarbeitern konfisziert worden war. Zwei gesetzte Fristen zur Herausgabe des Materials hatte Ankara zuvor verstreichen lassen, hieß es in einer Mitteilung des Senders.

„Dieser Vorgang hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun“, kritisierte DW-Intendant Peter Limbourg. „Wir fordern die türkische Seite nun auf dem Rechtsweg zur unverzüglichen Herausgabe unseres Videomaterials auf.“ Auch die Bundesregierung hatte sich in dem Streit hinter die Deutsche Welle gestellt. Sie unterstützte deren Forderung, die Aufnahmen wieder herauszugeben. „Die Pressefreiheit ist für uns ein hohes, nicht zu verhandelndes Gut“, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt. Dies gelte nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland.

Zuvor hatte der türkische Minister Kilic dementiert, das Material beschlagnahmt zu haben. Solche Berichte entsprächen nicht der Wahrheit, teilte er via Twitter mit. Man habe lediglich gefordert, das Interview nicht auszustrahlen. Die Deutsche Welle müsse diesem Wunsch nach Autorisierung nachkommen. Ein DW-Sprecher hatte dies als „abenteuerlich“ bezeichnet und entgegnet, das Fernsehteam habe das Material keineswegs aus freien Stücken übergeben. „Das geschah vielmehr unter unmissverständlichem Druck.“

Fragen zu Rechten von Frauen

Nach DW-Angaben wird die Klage auch vom Rundfunkrat getragen. Dessen Vorsitzender, Karl Jüsten, sagte, es sei „beunruhigend, dass die Deutsche Welle gezwungen ist, vor Gericht auf die Herausgabe ihres Interviews mit einem türkischen Minister zu klagen.“ Die Türkei sei eng mit Europa verbunden und müsse auch deshalb „Achtung von demokratischen Grundprinzipien wie der Pressefreiheit“ haben.

Moderator Michel Friedman hatte nach dem DW-Interview die Vermutung geäußert, dass die Ansichten Kilics über die Rechte der Frauen und zum Thema Verhütung nicht ausgestrahlt werden sollten. Fragen zu diesem Stichwort hätten ihm „überhaupt nicht gepasst“, so Friedman. Aus dem Ministerium gab es dazu keine weitere Stellungnahme.

von

Günter Schwarz – 26.09.2016