Die Wohnsituation für Studenten ist bundesweit in vielen Universitätsstädten hoch dramatisch. Zehntausende Studenten haben kurz vor Semesterbeginn zum Wintersemester 2016/17, das zum 1. Oktober beginnt, noch immer keine Wohnung.

Über Wohnheime rümpften Berliner Studenten vor wenigen Jahren noch die Nase. Sie zogen in die Altbauten der Szene-Kieze Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. Hippe WGs, ausgeflippte Partys, günstige Mieten. Zumindest mit Letzterem ist es vorbei. Jetzt stehen 2300 Namen auf der Warteliste des Berliner Studentenwerks. So lang sei sie noch nie gewesen, sagt Sprecher Jürgen Morgenstern. 2300 Studenten warten auf ein Wohnheimzimmer. Vor dem Lehrbeginn des Wintersemesters in etwa drei Wochen werden die meisten nicht mehr unterkommen.

Dabei ist die Wohnsituation in der Hauptstadt traditionell noch entspannter als in Unistädten wie Jena, Tübingen, Freiburg oder München. Hier leben Studenten zu Semesterbeginn in Hostels und Wohnwagen. In diesem Jahr dürften noch mehr unversorgt bleiben als sonst, denn die Konkurrenz um günstige Wohnungen ist durch den Flüchtlingsandrang hoch wie nie.

Angespannte Situation

In 39 der 87 Unistädte mit mehr als 5000 Studenten sei die Wohnsituation angespannt – das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Immobilienentwicklers GBI, die an diesem Montag vorgestellt wird. In vielen Städten habe sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr noch einmal verschärft, so in München, Freiburg, Tübingen, Aachen oder Gießen. Das schrecke die Studenten aber kaum ab.

Dadurch muss ein Student für ein Zimmer in einer Münchener Dreier-Wohngemeinschaft derzeit mehr als 500 Euro einplanen. GBI spricht von 521 Euro. Die Datenbank des Wohnportals wg-suche weist sogar Durchschnittsmieten von 543 Euro aus, 3,5 Prozent mehr als im Wintersemester. Auch in Frankfurt/Main gingen die WG-Mieten hoch, um mehr als zwei Prozent auf um die 430 Euro. Berlin liegt mit 380 (GBI) beziehungsweise 322 Euro (wg-suche) im Mittelfeld – und mehr als drei Prozent über den Mietpreisen vom vergangenen Jahr. In einigen ostdeutschen Unistädten, in Potsdam, Rostock, Dresden oder Erfurt, ist ein WG-Zimmer laut Immowelt teurer als eine Einzimmer-Wohnung.

„Es ist hoch dramatisch“

90 Prozent der Studenten lebten trotzdem in WGs oder normalen Wohnungen, nur 10 Prozent im Studentenwohnheim, sagt Axel Gedaschko, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft. Damit hätten Studenten die gleichen Probleme wie alle anderen Wohnungssuchenden. Oft haben sie es mit ihrem geringen Budget aber schwerer, denn in Unistädten steigen die Mieten stärker als anderswo.

90 Prozent der Studenten lebten trotzdem in WGs oder normalen Wohnungen, nur 10 Prozent im Studentenwohnheim, sagt Axel Gedaschko, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft. Damit hätten Studenten die gleichen Probleme wie alle anderen Wohnungssuchenden. Oft haben sie es mit ihrem geringen Budget aber schwerer, denn in Unistädten steigen die Mieten stärker als anderswo.

Dazu kommt, dass die Wirkung der Mietpreisbremse insgesamt umstritten ist. In München und Hamburg seien die Mieten nach ihrer Einführung leicht gesunken, meldet das Immobilienportal Immoscout24. Auch in Berlin sei Wohnen zunächst günstiger geworden, bevor sich die Mieten einpendelten. Konkurrent Immowelt dagegen hat im August in Berlin einen Mietenanstieg um sieben Prozent gemessen. Die durchschnittliche Kaltmiete liege drei Monate nach Einführung der Mietpreisbremse auf einem Jahreshoch.

Viel stärkere Auswirkungen als die Mietpreisbremse dürfte der massive Andrang von Flüchtlingen haben. Sobald sie die Erstunterkünfte verlassen dürfen, werden Tausende auf den regulären Wohnungsmarkt drängen, vor allem in den attraktiven Unistädten, erwarten die Experten. Viele suchten genau die gleichen günstigen Wohnungen wie die Studenten. „Das läuft auf eine Konkurrenzsituation hinaus“, sagt Gedaschko. Eine Konkurrenz, die niemand wollen könne.

von

Günter Schwarz – 27.09.2016