In Deutschland ist der Weg zu Gesundheitsberufen in Deutschland klar geregelt: Vor einer Zulassung steht eine mehrjährige praktische und theoretische Ausbildung. „Heilkundlich“ tätig werden können sie aber nur auf Anordnung eines Arztes. Anders der Heilpraktiker. Er gilt als Heilberuf. Damit kann er heilkundliche Tätigkeiten ohne ärztliche Anordnung ausüben – obwohl die Ausbildung zum Heilpraktiker in Deutschland nicht gesetzlich geregelt ist. Das könnte sich nun ändern.

Die Hürden für eine Zulassung als Heilpraktiker in Deutschland sollen höher werden. Das berichtet die Zeitung „Die Welt“ unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Danach unterstützt der Bund einen Vorschlag der Gesundheitsministerkonferenz der Länder als Vorstoß zur Verbesserung des Patientenschutzes. Die Länder hatten im Juni unter anderem bundesweit anspruchsvollere Zulassungsprüfungen für Heilpraktiker vorgeschlagen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, sagte der Zeitung, in ihrer Antwort lege die Bundesregierung zudem offen, dass es erhebliche Lücken in der Regulierung des Heilpraktikerberufs gebe.

Deutschen Stiftung Patientenschutz fordert Verbot von Infusionen

Dabei geht der Deutschen Stiftung Patientenschutz der Vorstoß nicht weit genug. Das Vorstandsmitglied Eugen Brysch sagte, strengere Zulassungsregeln reichten nicht aus. Notwendig seien bundeseinheitliche Ausbildungs- und Prüfungsordnungen wie es sie für Dachdecker und Pflegekräfte gebe. Heilpraktikern müsse zudem verboten werden, Infusionen zu legen.

Stand nach Todesopfern in Brüggen in den Schlagzeilen

In Deutschland gibt es bundesweit rund 43.000 praktizierende Heilpraktiker. Seit Jahren sind die Bedingungen für ihre Zulassung in der Kritik, die im Sommer durch den Tod dreier Patienten eines alternativen Krebszentrums in Brüggen an Stärke gewonnen hat. Sie waren mit 3Bromopyruvat behandelt worden. Dieser ist nicht als Medikament zugelassen, darf aber von Heilpraktikern benutzt werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Patientenbeauftragter fordert Überprüfung

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, hatte nach den Vorfällen in Brüggen eine Überprüfung der Heilpraktikerausbildung ankündigt. Obwohl Überprüfung, Erteilung der Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung Laumann zufolge Ländersache sind, solle nun geprüft werden, ob der aktuelle Gesetzesrahmen noch den Anforderungen der Zeit entspreche.

Heilpraktiker-Verband macht Gesundheitsministerien verantwortlich

Der Berufsverband Freie Heilpraktiker indes verteidigte die bestehende Gesetzeslage. Verbandschef Dieter Siewertsen erklärte, die Todesfälle von Brüggen dürften nicht als Vorwand für eine Beschränkung oder Abschaffung des Berufes genutzt werden. Zugleich hielt er den Gesundheitsministerien der Länder vor, ihrer Aufsichtspflicht nicht nach geltender Gesetzeslage auszuüben. Sie würden erst bei einem Skandal tätig. Dies sei ein zynischer Umgang mit den Verstorbenen.

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Zulassungsgrundlage fast 80 Jahre alt

Die aktuellen Regelungen im Heilpraktikergesetz gehen auf eine Vorlage aus dem Jahr 1939 zurück. Danach benötigen Heilpraktiker-Anwärter einen Hauptschulabschluss und müssen mindestens 25 Jahre alt sein. Für alle weiteren Voraussetzungen wie Ausbildungsstandards, Zulassung und Qualifikation gibt es keine bundesweit einheitlichen Regeln. Eine Praxiseröffnung muss bei der untersten Verwaltungsbehörde, die dann darüber befindet, dass der angehende Heilpraktiker vermutlich keine Gefahr für seine Patienten darstellt.

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von

Günter Schwarz – 28.09.2016