(Brüssel) Die „PanamaPapers“ haben im Frühjahr Licht in das Dunkel der Briefkasten-Firmen von Reichen und Mächtigen gebracht. Ab gestern geht auch ein Untersuchungsausschuss des Europaparlaments der Frage nach, ob bei den Offshore-Geschäften gegen EU-Recht verstoßen wurde.

Nein, von heute auf morgen werde der Panama-Ausschuss des EU-Parlaments die Welt nicht verändern, sagt Ausschussvorsitzender Werner Langen (EVP). Aber er und seine parlamentarischen Kollegen wollten Druck auf die zuständigen politischen Stellen ausüben und sich dabei weder von Kommission noch Rat oder sonst jemandem behindern lassen.

Auch die eben erst im Zuge der Bahama-Leaks in die Kritik geratene ehemalige EU-Kommissarin Neelie Kroes würden die Abgeordneten „ziemlich sicher“ in den Ausschuss laden, so Langen. Denn Kroes „hat das Parlament belogen“.

„Spitze des Eisbergs“

Kämpferische Worte – allerdings bewegte sich der U-Ausschusses in seiner ersten öffentlichen Sitzung noch auf sehr sicherem Grund, da fünf jener Journalisten Rede und Antwort standen, welche die Geschäfte mit Briefkastenfirmen um die panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca vor rund einem halben Jahr ans Licht gebracht hatten.

Die Daten belegen, wie Privatpersonen und Konzerne Vermögen in teils kompliziert strukturierten Scheinfirmen versteckten. Die 11,5 Millionen Dokumente seien „nur die Spitze des Eisbergs“, sagte der belgische Jorunalist Kristof Clerix. Wie auch sein deutscher Kollege Jan Strozyk wies er daraufhin, dass die Panama-Papers auch keine weit entfernte Angelegenheit seien.

Banken und Anwälte als Mittelsmänner

„Die wirklich spannenden Geschichten, die Gesetzesbrüche“, passierten in Europa, so Strozyk. Mossack Fonseca sei über Mittelsmänner zu seinen Kunden gekommen – eine Rolle, die sehr oft Banken übernommen hätten. Bei ihren Recherchen in den geleakten Dokumenten seien die Journalisten auf das „Who is who“ der Bankenwelt gestoßen. Weltweit seien 13 der 20 größten Banken in Offshore-Geschäfte verwickelt.

In der Schweiz wiederum, so Oliver Zihlmann von der Schweizer „Sonntagszeitung“, sei das Geschäft zunehmend von Anwälten übernommen worden, was damit zu tun habe, dass diese in der Schweiz deutlich weniger strengen Regeln als Banken unterliegen würden.

Mehr Schutz für Whistleblower

Was muss sich also ändern? Diese Frage zog sich als roter Faden, durch die Wortmeldungen der Abgeordneten. Die Journalisten mahnten vor allem mehr Transparenz und eine bessere Durchsetzung der geltenden Gesetze an. Diese seien innerhalb der EU ohnehin bereits ziemlich streng, so Zihlmann. Sie müssten allerdings auch verfolgt werden.

Was sich laut den Journalisten rechtlich tatsächlich ändern muss, ist der Schutz für Whistleblower, also Personen, die geheime Informationen weitergeben. Julia Stein vom NDR wies auf den Fall zweier Journalisten und eines Informanten hin, die in Luxemburg vor Gericht gestellt wurden. Damals sei bereits klar gewesen, dass die Aufdeckung im öffentlichen Interesse gestanden sei.

Den Fall bezeichnete auch der Koberichterstatter und dänische sozialdemokratische EU-Abgeordnete Jeppe Kofod als „Schande“. Allerdings seien der EU Grenzen gesetzt, so Koford. Die EU könne nur die Rahmenbedingungen erarbeiten, umsetzen müssten sie dann die Mitgliedsstaaten.

Grüne mit eigener Plattform für Informanten

Ihren eigenen Weg hinsichtlich Informanten wollen zwölf grüne Europaabgeordnete gehen, darunter der österreichische Abgeordnete Michel Reimon. Sie haben eine Plattform für Whistleblower gestartet, auf der anonyme Hinweise einlangen sollen. Sie präsentierten das Projekt direkt im Anschluss an die erste Sitzung des Panama-U-Ausschusses.

Zwar versprach der grüne Kofraktionsvorsitzende Philippe Lamberts, dass die Informationen nicht politisch ausgenutzt werden würden. Andere Fraktionen wollen die grünen Abgeordneten zurzeit aber bewusst nicht dabeihaben. So solle sichergestellt werden, dass das Material nicht zum Schaden „des europäischen Projekts“ genutzt werde, so Giegolt.

von

Günter Schwarz – 28.09.2016