(Berlin) – Seit Jahren verhandeln Bund und Länder über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Bundesländern sowie die Bundesländer untereinander. Momentan sitzen Bundesregierung und Ministerpräsidenten erneut zusammen, um einen für alle tragbaren Kompromiss zu finden. Ein Durchbruch bei den Verhandlungen erscheint diesmal möglich zu sein, was spürbare Folgen vor allem für den Bund haben wird.

Wer zahlt was? Über diese Frage streiten Bund und Länder schon seit Jahren. Bei einer nächtlichen Sitzung nun offensichtlich ein Durchbruch gelungen. Das bestätigten zumindest inzwischen mehrere Ministerpräsidenten der Länder. Demnach wird der Bund die finanzschwachen Länder, zu denen auch unser Bundesland Schleswig-Holstein gehört, künftig stärker unterstützen.

Bund und Länder haben sich nach jahrelangen Verhandlungen grundsätzlich über die Neuordnung ihrer künftigen Finanzbeziehungen verständigt. Bei einem 14-stündigen Spitzentreffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit mehreren Ministerpräsidenten wurde ein Kompromiss zu den Bund-Länder-Finanzen ab dem Jahr 2020 erzielt, bestätigten mehrere Ministerpräsidenten.

„Es ist im Grundsatz der Durchbruch geschafft worden“, sagte der Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Freitag in Berlin. Es sei wahrscheinlich, dass noch am Freitag die Verhandlungen abgeschlossen werden könnten. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer erläuterte im ZDF-Morgenmagazin: „Am Ende wird es so sein, dass Zwei-Drittel des Länderfinanzausgleichs durch die Länder gestemmt werden, und ein Drittel durch den Bund.“ Über Details werde man nun noch verhandeln.

Am heutigen Freitagvormittag treffen sich Länderchefs und Bundeskanzlerin ab 10.30 Uhr erneutim Kanzleramt, um die Gespräche fortzusetzen.

Die Länder wollen weniger zahlen – Schäuble mehr Macht

Die Finanzbeziehungen müssen neu geordnet werden, weil der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II im Jahr 2019 auslaufen. Die 16 Länder hatten sich im Dezember auf ein Radikalmodell verständigt – mit einer Umverteilung zulasten des Bundes. Sie forderten vom Bund jährlich rund 9,7 Milliarden Euro – mit steigender Tendenz. Die Länder wollten den Finanzausgleich in seiner jetzigen Form abschaffen und Transfers untereinander streichen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Union und SPD im Bundestag hatten das abgelehnt. Sie fordern, dass sich die Länder weiter untereinander helfen. Der Finanzausgleich solle zwar verringert, aber erhalten bleiben. Schäuble wollte einen Ausgleich von jährlich maximal 8,5 Milliarden Euro zahlen. Er schlug zudem Maßnahmen zur Neuaufteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern vor. Schäuble wollte mehr Einfluss auf die Haushaltspolitik der Länder nehmen können und deren Einfluss auf die Bundes-Steuergesetzgebung einschränken.

Streitpunkt war in den nächtlichen Verhandlungen nach Angaben von Teilnehmern vor allem, wie stark der Bund künftig seine Zahlungen an die Länder über die Jahre erhöht. Man habe sich auf eine Teildynamisierung geeinigt, hieß es.

Berlin profitiert besonders stark vom Ausgleich

2015 wurden zwischen den Ländern Umsatzsteuereinnahmen von 7,9 Milliarden Euro umgeschichtet. Hinzu kamen 9,6 Milliarden Euro im eigentlichen Länderfinanzausgleich. Zusätzlich schleuste der Bund 3,8 Milliarden Euro in den Umverteilungsmechanismus.

Berlin ist nach wie vor der größte Profiteur des Länderfinanzausgleichs. Im vergangenen Jahr erhielt die Bundeshauptstadt 3,62 Milliarden Euro aus dem Umverteilungstopf, Brandenburg bekam 494 Millionen Euro überwiesen. Die Geberländer, vor allem Bayern und Hessen, drängen seit Jahren darauf, dass das System grundlegend reformiert wird und zogen vor das Bundesverfassungsgericht.

Diese Klage liegt allerdings auf Eis. Denn Ende vergangenen Jahres einigten sich die Länder untereinander auf einen gemeinsamen Reform-Vorschlag. Er läuft darauf hinaus, dass Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Hamburg die wirtschaftsschwächeren Länder weniger unterstützen und dafür der Bund ab dem Jahr 2020 stärker in die Pflicht genommen wird.

von

Günter Schwarz – 14.10.2016