(Berlin) – Nach dem Gipfeltreffen im Kanzleramt zeichnet sich keine Annäherung im Syrien-Konflikt ab. Es habe eine sehr harte Aussprache mit Russlands Präsidenten Putin gegeben, sagte Kanzlerin Merkel. Frankreichs Präsident Hollande bezeichnete die Bombardierung Aleppos als Kriegsverbrechen und provozierte damit Präsident Putin weiterhin. Am runden Tisch zeigte der Kreml-Chef unmissverständlich, was er von EU-Sanktionen gegen Russland hält.

Von Ukraine bis Syrien: „Dieser Abend hat keine Wunder bewirkt“, sagte Merkel nach dem Treffen mit Putin in Berlin. Die Syrien-Gespräche von Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin haben keinen Durchbruch gebracht. Der aktuelle Waffenstillstand müsse Ausgangspunkt für die humanitäre Unterstützung der Menschen in der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo sein, sagte Merkel am frühen Morgen nach knapp sechsstündigen Beratungen im Kanzleramt in Berlin. Man habe vereinbart, dass nun die Außenminister weiter an einer Lösung arbeiten sollten. Von einer Einigung sei man aber „sehr weit entfernt“.

Ganz mit leeren Händen stehen Merkel und Hollande aber nicht da. Zumindest einen Fahrplan für die Umsetzung des Friedensplans für die Ost-Ukraine können sie präsentieren. Das ist mehr, als man zum Beginn der Gespräche erwarten konnte. Aber ob das den Friedensprozess tatsächlich voranbringen kann und die Absprachen an der Front in der Ostukraine jetzt endlich umgesetzt werden, müssen die nächsten Wochen und Monate zeigen.

„Unmenschlich und grausam für die Bevölkerung“

Merkel sagte, es habe eine „sehr klare und auch sehr harte Aussprache“ mit Putin gegeben. Die Bombardierungen auf Aleppo, für die neben das syrische Regime auch Russland Verantwortung trage, seien unmenschlich und grausam für die Bevölkerung. Sie glaube nicht, dass es bei den Angriffen auf Aleppo gelinge, Terroristen von friedlichen Menschen zu trennen, sagte sie mit Blick auf die Argumentation Putins. Man könne die Sinnhaftigkeit der russischen Strategie überhaupt nicht nachvollziehen, sagte Merkel.

Die Terrorismusbekämpfung rechtfertige nicht, dass man sich nicht mehr um das Schicksal von 300.000 Menschen kümmere und diese als „Kollateralschaden“ akzeptiere. Merkel sprach von verbrecherischen Aktivitäten, von Vergehen an der Zivilbevölkerung. Russland habe eine große Verantwortung in Syrien, betonte Merkel, die weit über die Frage der Bombardements hinausgehe. Die Europäische Union muss sich nach Meinung von Merkel die Möglichkeit offenhalten, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen.

Hollande verurteilte die Bombardierung Aleppos eindeutig als „Kriegsverbrechen“. Die Luftangriffe der Führung in Damaskus und ihrer Unterstützer müssten aufhören. sagte er an der Seite Merkels.

Putin will Neuwahlen in Syrien

Russland ist laut Putin unter Bedingungen zu einer Verlängerung der Waffenruhe bereit. Voraussetzung sei, dass sich die bewaffneten Gruppen in Aleppo ebenfalls zu einer Feuerpause bereit erklärten, sagte er in Berlin.

Putin forderte erneut mehr Anstrengungen der USA, gemäßigte Regierungsgegner in Syrien von Terrororganisationen zu trennen. In Verhandlungen mit Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten Francois Hollande habe er zudem vorgeschlagen, die Arbeit an einer neuen syrischen Verfassung und möglichen Neuwahlen zu forcieren.

von

Günter Schwarz  – 20.10.2016