EU-Gipfel beschließt keine neuen Sanktionen gegen Russland
(Brüssel) – Vor dem Gipfel verschärften die Staats- und Regierungschefs der EU ihren Ton nicht nur gegen das syrische Assad Regime, sondern auch gegen dessen Helfer Russland. Von neuen Sanktionen ist nach dem Gipfeltreffen keine Rede mehr . Am Ende überwog wohl die Angst, Moskau vor den Kopf zu stoßen, schwerer als alle Kritik gegen die Bombardements auf Aleppo. Die Staats- und Regierungschefs weniger Härte als eingangs erwartet gegenüber Russland gezeigt. Die Europäische Union hat die Angriffe auf Zivilisten in Syrien zwar scharf verurteilt, droht aber vorerst nicht mit konkreten Sanktionen gegen Russland.
Die neue britische Regierungschefin Theresa May hatte bei diesem EU-Gipfel in Brüssel ihren ersten Auftritt. Sie sagte: „Großbritannien werde ein verlässlicher Partner bleiben.“
In der Russland-Frage einigten sich die Staats- und Regierungschefs am Ende darauf, dass man alle verfügbaren Maßnahmen aktivieren müsse, falls die Gräueltaten in Syrien nicht aufhörten. Dennoch haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs trotz der wochenlangen Luftangriffe auf die syrische Stadt Aleppo nicht auf eine konkrete Sanktionsandrohung gegen Russland einigen können. In einer Abschlusserklärung heißt es lediglich, bei einer Fortsetzung der „Gräueltaten“ ziehe die EU „alle verfügbaren Optionen“ in Betracht. Im Entwurf war zuvor noch ausdrücklich mit „Sanktionen“ gegen alle Unterstützer der syrischen Regierung gedroht worden.
EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte: „Die EU-Regierungschefs haben auf zahlreiche Aktivitäten Russlands aufmerksam gemacht: Verletzungen der Lufträume, Desinformationskampagnen, Cyberangriffe, Eingriffe in die politischen Prozesse in der EU und vieles mehr. Verschiedene Methoden auf dem Balkan und die neuesten Erkenntnisse in der Untersuchung des MH17-Flugabsturzes. Angesichts all dieser Beispiele scheint eines klar zu sein: Russland will mit seiner Strategie die EU schwächen.“
Dem Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz zufolge muss die Europäische Union Russland eine klare Botschaft senden: „Meiner Ansicht nach gibt es keinen Raum für zusätzliche Sanktionen, denn dafür benötigt man Einstimmigkeit. Es kommt aber auch nicht in Frage, die Sanktionen aufzuheben, denn solange das Abkommen von Minsk nicht vollständig umgesetzt ist, sollten die Sanktionen nicht aufgehoben werden.”
Beim Thema Migration haben Deutschland und andere Länder verhindert, dass der EU-Gipfel ein klares Zeichen gegen die Verlängerung der innereuropäischen Grenzkontrollen setzt.
Am Rande des Treffens eskalierte noch der Streit um den Freihandelspakt Ceta. Die belgische Region Wallonien hatte vorige Woche ihr Veto gegen eine Unterschrift Belgiens eingelegt, was ein Aus für Ceta bedeuten würden, denn dem Abkommen müssen alle 28 EU-Staaten zustimmen, um es abschließen zu können.
Medienberichten zufolge sind die EU-Mitgliedstaaten dazu bereit, Wallonien neue Garantien zu geben, damit die belgische Region dem Handelsvertrag zwischen Europa und Kanada zustimmt. Die Gespräche fanden zunächst zwischen den Botschaftern statt und dem Regionalpräsidenten Walloniens statt, die allerdings zu keinem Ergebnis geführt haben. Derzeit, am heutigen Freitag, verhandelt Paul Magnette direkt mit den Kanadiern, um die Bedenken Walloniens den Kanadiern zu unterbreiten. Inwieweit es bei direkten Verhandlungen zwischen der belgischen Region Walloniens und Kanada zu einer Einigung kommen wird, muss abgewartet werden, denn auch das Regionalparlament muss dem noch zustimmen. Sollte ein Abkommen erreicht werden, werden die Staats- und Regierungschefs dem „Ceta-Deal“ am Freitag zustimmen.
von
Günter Schwarz – 21.10.2016