Dutertes Philippinen brechen mit den USA
(Peking / Manila) – Der philippinische Staatspräsident Duterte, vor dem weder der Papst, noch das Europäische Parlament und der US-Präsident Obama sicher sind und der für seine vulgären und beleidigenden Pöbeleien bekannt ist, von denen selbst der US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump, noch lernen könnte, wendet sich von Washington ab und Peking zu. Die außenpolitische Kehrtwende hatte sich wiederholt angedeutet. Der Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, erklärt bei seinem Besuch in Peking die „Trennung“ vom langjährigen Verbündeten USA.
Der philippinische Staatspräsident Rodrigo Duterte hat sich derzeit zu einem viertägigen Staatsbesuch nach China begeben. Dort verkündete er am Mittwoch, er habe sich von den USA abgewendet. Der Aufenthalt auf den Philippinen habe lediglich der ehemaligen Kolonialmacht genutzt, weshalb es jetzt „Zeit für einen Abschied“ sei. In der Kündigung von Bündnisverträgen wie den der ASEAN-Staaten soll sich der „Abschied“ vorerst allerdings nicht auswirken, weil Duterte seinen eigenen Worten nach „kein Öl hinzugeben will, wenn die Welt ohnehin köchelt“. Aber er vollzog damit die schon mehrfach angedeutete außenpolitische Wende der Philippinen. „Ich werde auch nicht mehr nach Amerika reisen. Wir werden dort sowieso nur beleidigt“, sagte der 70-Jährige.
Formelle Bündnisverträge mit China will er vorerst jedoch nicht schließen, obwohl er sich dem Land zuwendet. Die Spannungen, die es zwischen der Volksrepublik und der ehemaligen amerikanischen Kolonie in den letzten Jahrzehnten gab, resultierten ihm zufolge zu einem großen Teil daraus, dass sich die Philippinen ihre Außenpolitik von den USA diktieren ließen. Der chinesische Außenminister Wang Yi meinte zu dieser Annäherung, „keine ausländische Kraft könne verhindern, dass wir die chinesisch-philippinische Freundschaft wiederbeleben“. Auch Duterte meinte bei einem Treffen mit Präsident Xi Jinping in der Hauptstadt: „China sei hingegen immer ein Freund der Philippinen gewesen, und man habe tiefe gemeinsame Wurzeln.“ Der wiederum nannte das Treffen einen „Meilenstein“ der Beziehungen beider Länder zueinander. Bei dem Besuch Dutertes wird mit einem umfangreichen Abkommen über Wirtschaft und Handel gerechnet.
Bereits vor seiner Abreise nach Peking hatte Duterte mit der Bemerkung, es habe „keinen Sinn, um ein bisschen Wasser zu streiten“, durchblicken lassen, dass die sowohl von China als auch von den Philippinen beanspruchten Inseln im südchinesischen Meer kein Hinderungsgrund für eine Wiederannäherung sein sollen. Bevor er gewählt wurde, hatte er im Hinblick auf diese Inseln noch versprochen, er werde dort „persönlich Jetski fahren und die philippinische Fahne hissen“.
Die „Global Times“, die Zeitung der chinesischen KP, riet ihrer Regierung „die große strategische Gelegenheit dieses Besuchs zu nutzen“ und durch eine neue Freundschaft mit Duterte, dessen Streben nach nationaler Unabhängigkeit und dessen „linksgerichtete politische Ideen“ man in China lobt, „die US-Strategie im Südchinesischen Meer unterminieren“ und dafür zu sorgen, dass Washington Manila nicht mehr als „Schachfigur“ einsetzen kann, „um im Südchinesischen Meer zu intervenieren“.
Den Anspruch auf die Inseln wollen zwar weder Peking noch Manila offiziell aufgeben – aber sie werden die Frage vorerst einfach ausklammern und stattdessen „Kooperationen eingehen“ und „über Geschäfte reden“. Dazu hat Duterte, der bereits vor seiner Abreise öffentlich verlautbart hatte, Amerika habe „kein Geld mehr“, das habe jetzt China, einen Tross von vier- bis fünfhundert philippinischen Geschäftsleuten auf seinem Staatsbesuch mitgenommen.
Besonderes Interesse haben beide Länder anscheinend am Aufbau einer modernen Infrastruktur auf den Philippinen und an Waffenlieferungen. Bereits vor dem Besuch Dutertes hatte China einen im Inselstreit ausgerufenen Tourismusboykott beendet und ein Einfuhrverbot für 27 Sorten Obst zurückgenommen.
In die USA will Duterte nach eigenen Angaben nicht reisen. „Ich werde auch nicht mehr nach Amerika reisen. Wir werden dort sowieso nur beleidigt“, sagte der 70-Jährige. Die Beziehungen zur Regierung in Washington sind unter anderem wegen dieser Differenzen über Menschenrechte sehr angespannt. So hatte US-Präsident Barack Obama unlängst das erste geplante Treffen mit Duterte anlässlich des ASEAN-Treffens Anfang September in Laos platzen lassen, nachdem ihn Duterte als „Hurensohn“ beschimpft hatte. Die Regierung in Manila äußerte daraufhin zwar ihr halbherziges Bedauern, aber Duterte erklärte auch, er habe nur auf die Belehrungen Obamas über außergerichtliche Hinrichtungen in dem südostasiatischen Inselstaat reagiert.
China dagegen kritisiere nie und „helfe leise“. In Peking hatte man Verständnis für Dutertes Vorgehen gegen Drogenhändler und andere Kriminelle im Lande geäußert und finanziert über chinesische Unternehmen beispielsweise Drogensucht-Rehabilitationszentren auf den Philippinen. Insofern überraschte es nicht, dass Duterte den chinesischen Präsidenten Xi Jinping keinen „Hurensohn“ nannte, wie er das mit US-Präsident Obama gemacht hatte, sondern er huldigte ihn als einen „großen Anführer“.
von
Günter Schwarz – 21.10.2016