Mit der Kaufprämie soll der Absatz von Elektroautos angekurbelt und die Weiterentwicklung entsprechender Antriebstechnologie vorangetrieben werden. Die Politik versucht mittels Umweltbonus, den Verkauf von E-Autos anzukurbeln. Doch dieser Plan ist in vielerlei Hinsicht nicht durchdacht, wenn er nicht gar kontraproduktiv ist. Doch dazu müsste die Politik erst einmal ihren Irrtum einsehen.

Die Politik braucht eine neue Strategie. Zu den Gesetzmäßigkeiten des politischen Betriebes gehört die feste Rollenverteilung zwischen Regierung und Opposition bei der Bewertung politischer Entscheidungen. Für Kritik sind die Oppositionsparteien zuständig – so lange, bis sie selbst einer Regierung angehören. Die Regierung hingegen wird ihre Beschlüsse auch wider besseres Wissen stur verteidigen, Selbstkritik ist nicht vorgesehen. Und dass eine Regierung mal offen einräumen würde: Sorry Leute, da haben wir einen Fehler gemacht, kommt praktisch nie vor. Das hat die fatale Folge, dass Fehlentscheidungen auch dann nicht korrigiert werden, wenn die Fakten klar für einen Kurswechsel sprechen.

Geben wir es ruhig zu: Wir stehen auf Sonderangebote. Wenn dicke Rabatte locken, greifen wir gern mal zu. Zumal wenn das Sparangebot zeitlich begrenzt ist. Die Werbung ködert uns damit seit Langem. Und jetzt versucht die Politik mit einem Rabatt, den Ladenhüter Elektroauto an die Leute zu bringen.

Die Einführung einer Kaufprämie für Elektroautos ist eine dieser Fehlentscheidungen. Sie sollte den Verkauf von E-Autos entscheidend ankurbeln, um dem selbstgesteckten Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen, zumindest näherzukommen. Auch nach Monaten der Einführung der Prämie steht fest: Sie ist ein Flop. Nach den Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sind bis Ende September gerade mal 4451 Anträge auf die Prämie gestellt worden.

Es gibt andere Hemmnisse für die Elektromobilität

Dieses Desaster war absehbar, mal ganz abgesehen von der ordnungspolitischen Fragwürdigkeit des Instrumentes selbst. Was bisher nicht funktioniert hat, soll nun mit der Brechstange durchgesetzt werden – das Elektroauto soll aus Steuergeldern subventioniert werden. Aber warum soll der Staat eigentlich eine prosperierende Branche wie die Autoindustrie subventionieren? Und warum soll einer, der sich ein Auto für 60 000 Euro (bis zu diesem Kaufpreis wird die Prämie gewährt) leisten kann, Geld vom Staat geschenkt bekommen? Dahinter steckt das Missverständnis, Elektroautos seien einfach nur zu teuer. Ja, sie sind teuer, aber bei Autos geht es nicht nur um den Preis – das weiß niemand besser als die deutschen Autohersteller.

Statt Geld mit der Gießkanne zu verplempern, hätte sich die Politik fragen müssen, wo das eigentliche Hemmnis für den Kauf eines E-Autos liegt. Klar, der Preis dieser Autos ist gemessen an herkömmlichen Fahrzeugen hoch, für viele zu hoch. Aber darum muss sich die Autoindustrie selbst kümmern. Wer den schleppenden Absatz eines neuen Produktes ankurbeln will, muss halt mal eine Zeitlang mit attraktiven Einführungspreisen arbeiten.

Werbung hat uns anderes beigebracht

Elektroautos haben immer noch nicht die Reichweite, die wir von einem Auto erwarten. Es fehlt mangels Leistung am Komfort und manchmal auch schlicht an der Größe des Autos. Und dazu kommt das Spaßbremsen-Image, dass nur Öko-Rechthaber mit ihren Akku-Kutschen durch die Stadt gurken. Schließlich hat uns die Werbung der Autohersteller in den vergangenen Jahren beigebracht, auf SUVs zu setzen, auf immer größere, schwere Autos.

Die Hersteller wussten ja, mit welchen Tricks man den Schadstoff-Ausstoß zumindest auf dem Papier so hindreht, dass selbst diese Spritschleudern als sauber galten. Genau diese Autobranche, die bei Dieselgate jetzt eindrucksvoll bewiesen hat, dass sie sich weder um die Umwelt noch um die Gesundheit der Mitbürger schert, soll jetzt eine Milliarden-Förderung bekommen für ein Produkt, das sie selbst immer stiefmütterlich behandelt hat.

Es braucht Schnellladesäulen in Städten und an Autobahnen

Der Grund für die dürftige Nachfrage ist die fehlende Ladeinfrastruktur und die völlige Ungewissheit darüber, bis wann sich das ändert. Wer sich nicht sicher sein kann, dass er sein E-Auto jederzeit aufladen kann (und zwar an einer Schnellladesäule), wird sich auch keines kaufen. Der Staat müsste alle Anstrengungen darauf richten, so schnell wie möglich ein leistungsfähiges Netz an Ladesäulen zu schaffen.

Das muss in den Städten beginnen, denn der innerstädtische Kurzstreckenverkehr könnte selbst mit den heutigen geringen Batteriereichweiten bereits großteils elektrisch laufen. Aber nicht nur dort. Warum gibt es nicht schon längst an jeder Autobahnraststätte genügend Schnellladestationen?

Der Flop mit der Prämie wäre die Gelegenheit, das Steuer doch noch herumzureißen. Aber das wird wohl nicht passieren. Denn dann müsste die Regierung ja zugeben, dass sie einen Fehler gemacht hat.

Dreckiger Strom

Dass sie einen Teil der Förderung selbst beisteuern sollen, ist dabei eine seltsame Rechnung. Das heißt ja, dass sie die Autos erst künstlich verteuern müssen, damit dann der Rabatt entsprechend ausfällt. Dabei ist der Strom, den Elektroautos tanken, bekanntlich auch nicht umweltfreundlich: 24 Prozent Braunkohle, 18 Prozent Steinkohle, 14 Prozent Atom, neun Prozent Erdgas. So sieht der deutsche Strom-Mix aus – also mehr als die Hälfte kommt aus fossilen Energien.

Für die Kaufprämie spricht aus Sicht der Politiker die Angst, dass die deutschen Autohersteller die große Wende auf dem Weltmarkt verschlafen. Aber: Ist es eigentlich Aufgabe der Politik, schlafende, aber sehr erfolgreiche Großkonzerne wach zu küssen? Wären Elektroautos schon konkurrenzfähig, dann würden sie sich auch ohne Subvention verkaufen – auch wenn sie dann 4000 Euro mehr kosten.

Skaleneffekte hin oder her: Solange sie nicht konkurrenzfähig sind, ist es reine Verschwendung von Steuergeldern, sie zu fördern. Jedenfalls ist es nicht realistisch, zu glauben, dass diese Förderung einen Technologiesprung auslösen wird, die dem E-Auto zum Durchbruch verhilft.

von

Günter Schwarz  – 23.10.2016