Opfer werden zu Tätern – Dürfen Horror-Clowns verprügelt werden?
In Deutschland breitet sich Angst vor dem dümmlichen Trend der Grusel-Clowns oder Horror-Clows aus, die aus den USA über England inzwischen auch bei uns ihr Unwesen treiben. In Sonderborg, in Morsum auf Sylt und in Kiel-Elmschenhagen haben bereits die ersten Vertreter dieses dummen Juxes ihr Unwesen getrieben. In Kiel wurden die beiden Täter ermittelt und von der Polizei ermahnt, da bei ihnen noch keine strafbare Handlung vorlag. Doch was ein Spaß sein soll, kann böse enden und der Übergang zur Begehung einer Straftat ist fließend und kann schnell geschehen. So stellt sich die Frage, was ist diesen entarteten Zirkusfiguren gestattet und wie dürfen sich deren Opfer angemessen und unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit wehren?
Nein, es ist wahrlich nicht sehr lustig, arglose Bürger in grauenhafter Verkleidung in Angst und Schrecken zu versetzen. Und dennoch finden sich immer mehr Menschen, die genau daran Freude haben. Doch die zahlreichen Übergriffe der letzten Tage sorgen nicht nur für vermehrte mediale Aufmerksamkeit, auch Politik und Polizei nehmen sich der entarteten Zirkusfiguren an und schicken deutliche Warnungen an die vermeintlichen Spaßvögel. Zeit also, zu klären, was den „Horror-Clowns“ tatsächlich erlaubt ist und wie sich deren Opfer zur Wehr setzen dürfen.
Darf man sich verkleiden?
Grundsätzlich ist hierzulande eine Menge erlaubt. So kann man sich ganzjährig verkleiden und begeht damit keine Ordnungswidrigkeit oder gar strafbare Handlung. Wer also beispielsweise den Wunsch hegt, als Donald Duck durchs Leben zu gehen, kann dies grundsätzlich tun. Es sei denn, er wird beispielsweise beim Betreten einer Bank dazu aufgefordert, die Entenmaske abzunehmen. In diesem Fall muss dem jeweiligen Hausrecht gefolgt werden. Andernfalls kann dem Erpel der Zugang durch das Hausrecht verwehrt werden. Und auch bei Demonstrationen darf sich nicht nach Herzenslust verkleidet werden. Dies könnte ansonsten als Vermummung gewertet und von der Polizei untersagt werden. Das verstößt gegen §17a Abs.2 Nr.1 VersG.
Anders sieht die Sache allerdings aus, wenn die Verkleidung eine „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ darstellt. Dies kann in der Öffentlichkeit durch die Polizei oder die Ordnungsämter verboten werden. Meistens ist dieses in der Vergangenheit bei Nackten der Fall gewesen, auch wenn diese genau genommen natürlich nicht verkleidet sind, weil sie gar nicht bekleidet sind. Selbstverständlich ist es auch nicht erlaubt, eine Verkleidung zu wählen, deren Symbolik verboten ist. In Naziuniform in die U-Bahn oder den Bus zu steigen, wäre nicht nur untersagt, sondern ein Straftatbestand. Wie das Tragen einer Burka oderr Niqab in Hinblick auf die erwähnten Thematiken zu bewerten ist, ist hingegen vom Gesetzgeber noch nicht eindeutig entschieden. Unstrittig ist jedoch, dass es sich bei einer Burka oder Niqab um keine Verkleidung handelt.
Bleibt also festzuhalten: Wer unbedingt als Clown in Erscheinung treten möchte, darf dies zunächst auch tun. Aber ob ein Straftat maskiert oder nicht begangen wird, so bleibt eine Straftat eine Straftat.
Was dürfen die Clowns nicht?
So dürfen niemanden belästigen oder erschrecken, und sie dürfen schon gar nicht tätlich angreifen. Sowohl Nötigung als auch Körperverletzung stellen eine Straftat dar, die von Gerichten entsprechend geahndet werden kann. Betroffene, die von Horror-Clows belästigt oder gar tätlich angegriffen werden, sind in diesem Falle gut beraten, Strafanzeige bei der Polizei zu stellen. Zudem ist es den Horror-Clowns verboten, entsprechende Videos ihrer Taten im Internet zur Schau zu stellen. Zwar können sich die Täter dadurch leicht selbst überführen, was grundsätzlich erwünscht ist. Aber vor allem verstoßen sie damit gegen das Persönlichkeitsrecht ihres Opfers, denn auch das kann als eine Straftat gewertet werden.
Dürfen sich die Opfer wehren?
Ja. Es ist grundsätzlich zulässig, sich gegen einen Angreifer zur Wehr zur setzen und sich in Notwehr zu verteidigen. Aber es muss dazu ein der Tat angemessenes Mittel gewählt werden. Und das richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, da die Abwehrmaßnahme verhältnismäßig sein muss. Hierbei ist zu beachten, wie gefährlich der Angriff tatsächlich ist oder als wie gefährlich er empfunden wird und welche entsprechenden Verteidigungsmaßnahmen dem Opfer zur Verfügung stehen.
Grundsätzlich gilt:, je gefährlicher ein Angriff ist, umso heftigere Abwehrmaßnahmen sind erlaubt. Im konkreten Fall hat aber ein Richter darüber zu entscheiden, ob der Einsatz der Abwehrmaßnahme angemessen war und ob tatsächlich eine Notwehrsituation vorlag. Wer meint, einen Horror-Clown nur wegen seiner bloßen Anwesenheit ohne eine Notsituation zu attackieren, würde sich also selbst strafbar machen.
Sollen und dürfen Dritte einschreiten?
Ja. Wer beobachtet, dass ein Übeltäter einen anderen Menschen erschreckt, bedroht oder verletzt, darf dem Opfer im Rahmen der Nothilfe zur Hilfe eilen. Die Wahl der Mittel gilt in diesem Fall analog zur Notwehr. Dabei ist es auch erlaubt, den Täter festzuhalten, bis die Polizei eintrifft. Wer lieber wegsieht, macht sich unter Umständen sogar wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar.
Dennoch sollte davon abgesehen werden, prophylaktisch Jagd auf die Gruselfiguren zu machen. Sich in Bürgerwehren zu organisieren, ist keinesfalls zielführend, wie die Polizei warnt. Das Gewaltmonopol liegt in Deutschland beim Staat. Andere Passanten auf die Anwesenheit eines Horror-Clowns aufmerksam zu machen und diesem dadurch die Tour zu vermasseln, kann hingegen ein probates Mittel sein, um dem dümmlichen Treiben möglichst bald ein Ende zu setzen.
von
Günter Schwarz – 25.10.2016