Merkel ohne Einladung zum CSU-Parteitag
(München / Berlin) – Die CSU bricht mit einer seit Jahrzehnten bestehenden Tradition und lädt die Vorsitzende der „Schwesterpartei“, die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel, nicht zu ihrem Parteitag im November ein. Das Fernbleiben wurzelt sehr wahrscheinlich im Unions-Streit über die Flüchtlingskrise – und ist beispiellos. Also kann Angela Merkel ihre Tasche wieder auspacken, denn sie „muss nicht“ nach München fahren.
Nach einem vertraulichen Vier-Augen-Gespräch mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer im Kanzleramt hieß es von der Bundeskanzlerin, Angela Merkel, man habe sich darauf geeinigt, dass sie Ende kommender Woche nicht zum Parteitag der bayerischen Schwesterpartei fahren wird. So lautete es aus CSU-Kreisen.
Die CSU bricht damit mit einer jahrzehntelangen Tradition, denn die Teilnahme der Parteivorsitzenden an den jeweiligen Parteitagen der Schwesterpartei gilt in der Union normalerweise als obligatorisch. Zuvor hatte es geheißen, dass die CSU erst auf ihrer Vorstandssitzung am kommenden Montag über eine Teilnahme Merkels entscheiden wolle. Der CSU-Chef Seehofer hatte bis zuletzt offen gelassen, ob er Merkel zum Parteitag einladen werde oder nicht. Der Hintergrund ist das seit der Flüchtlingskrise angespannte Verhältnis der beiden Parteivorsitzenden miteinander, das in den vergangenen Monaten immer wieder zu ernsthaften Spannungen unter den beiden Unions-Parteien führte.
Bayerns Wirtschaftsministerin und CSU-Vize Ilse Aigner verteidigte die Nicht-Einladung. „Es hat keinen Sinn, offene Sachfragen auf der Bühne zu klären“, sagte Aigner der „Welt am Sonntag“. „Wie es aussieht, wenn man den Dissens zelebriert, haben wir im vergangenen Jahr erlebt. Das müssen wir nicht wiederholen.“
Beim Parteitag 2015 hatte Seehofer die Kanzlerin direkt nach ihrer Gastrede auf der Bühne angegriffen. Dieses hatte die Stimmung zwischen den Schwesterparteien schwer belastet und seither das Verhältnis untereinander vergiftet.
Aigner sagte mit Blick auf die Bundestagswahl 2017, Merkel werde sicher in Absprache mit Seehofer über eine erneute Kanzlerkandidatur entscheiden. „Sie wird mit Sicherheit erst gemeinsam mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer die Themen klären und sich dann äußern“, sagte Aigner.
Zwar heißt es in Unionskreisen, die Annäherung beider Parteien sei zwar auf einen guten Weg, aber die Lösung aller Streitpunkte sind noch nicht abgeschlossen. Ein Auftritt Merkels bei der CSU wäre noch zu früh. Das bedeute aber nicht automatisch, dass Seehofer auch nicht zum CDU-Parteitag Anfang Dezember nach Essen kommen werde. CSU-Vize Ilse Aigner sagte: „ Erst müssten die Sachfragen geklärt werden – Wir haben Zeit.“
von
Günter Schwarz – 29.10.2016