Rajoy ist wieder Ministerpräsident Spaniens
(Madrid) – Knapp ein Jahr blockierten sich die Parteien bei der Regierungsbildung. Das ist nun vorbei. Das Parlament hat den Konservativen Mariano Rajoy erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Dieser steht nun an der Spitze einer Minderheitsregierung.
Nach monatelangem Stillstand ist der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy im Amt bestätigt worden. Bei einer Vertrauensabstimmung votierte eine Mehrheit der Abgeordneten im Parlament in Madrid für den 61-Jährigen und machte den Weg frei für eine Minderheitsregierung seiner konservativen Volkspartei.
Für Rajoy stimmten 170 Abgeordnete, 111 gegen ihn. 68 Parlamentarier enthielten sich. Damit endet die seit knapp einem Jahr dauernde Blockade. Die Wahl Rajoys war möglich geworden, weil die oppositionellen Sozialisten ihre Abgeordneten dazu angehalten hatten, der Abstimmung fernzubleiben.
Auf Rajoy kommt nun aber eine schwierige Regierungsarbeit zu. Weil die Volkspartei (Partido Popular/PP) von Rajoy lediglich über 137 der insgesamt 350 Sitze im Parlament verfügt. Zum Feiern hat Rajoy keinen Grund, denn ihm fehlen fast 40 Stimmen. Aussitzen hilft auch nicht, da es nicht mehr werden. Rajoy muss sich mit einer Parlamentsmehrheit rumschlagen, die gegen ihn ist.Sie ist bei der Verabschiedung von Gesetzen deshalb auf die Stimmen der Opposition angewiesen. Die Sozialisten (PSOE) haben bereits angekündigt, den Haushaltsentwurf von Rajoys Regierung für 2017 nicht zu unterstützen.
Jeder gegen Jeden
Die Sozialisten selbst sind tief gespalten. Viele wollten Rajoy verhindern. 17 blieben bei ihrem Nein und widersetzten sich dem Diktat der Parteileitung. Das kann zu einem Richtungsstreit werden, der die Partei lange absorbiert. Im Parlament werden die Sozialisten von links bedrängt.
Podemos, die junge linke Protestpartei, wird versuchen, Wortführerin der Opposition zu sein. Und sie hat bei der Debatte diese Woche gezeigt, dass man sich ihren Auftritt radikal und lärmig vorstellen muss. Da ist vorerst keine Grundlage für konsensorientiertes Regieren in Sicht.
Auch die liberalen Ciudadanos sind um Abgrenzung bemüht, wenn sie eine kleine Chance haben wollen, politisch zu überleben. Jeder gegen jeden, dürfte die Losung sein im spanischen Parlament.
Rajoy steht vor dem Problem, indem er die waidwunden Sozialisten stärken muss – ohne die konservative Wählerschaft, vor allem den ganz rechten Flügel, zu verprellen. All das ergibt eine Gleichung mit sehr vielen Unbekannten. Rajoy sieht diese Risiken, denn naiv ist er nicht. Ob er aber erkennt, dass es zuerst von ihm selbst abhängt, ob er regierungsfähig ist und bleibt, ist offen.
von
Günter Schwarz – 30.10.2016