Immer mehr Polizeibehörden entdecken sogenannte „Reichsbürger“ auch in ihren eigenen Reihen unter ihren Beamten. Die Zahl der Disziplinarverfahren hat sich schlagartig vervielfacht.

Zwei Wochen nach den Todesschüssen eines sogenannten „Reichsbürgers“ auf bayerische Polizisten im fränkischen  Georgensgmünd, bei denen ein Polizist ums Leben kam, entdecken die Polizeibehörden der Länder vermehrt Verdachtsfälle auch in ihren eigenen Reihen.

Die meisten „Reichsbürger“ bei der bayerischen Polizei

Die Zahl der Disziplinarverfahren gegen Polizisten, die im Verdacht stehen, der Szene nahezustehen, hat sich bundesweit in kurzer Zeit vervielfacht. Sie liegt aktuell bei 15, wie eine Umfrage der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) bei den Innenministerien der Länder ergab.

„Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Staatlichen Institutionen wie Gerichten und anderen Ämtern und Behörden sprechen sie die Legitimität ab und erkennen amtliche Bescheide nicht an.

Die meisten Fälle meldet laut SZ Bayern, wo Ende der vergangenen Woche ein 26-jähriger Beamter suspendiert wurde. Die Verdachtsfälle verteilen sich auf acht Bundesländer, vier neue und vier alte. In Bayern ist er bereits der sechste mutmaßliche „Reichsbürger“ in der dortigen Polizei. Eine Umfrage der dpa bei den Innenministerien und Sicherheitsbehörden der Länder ergab, dass der „Reichsbürger“-Bewegung bundesweit mindestens 1100 Personen zuzuordnen sind. Allerdings fehlten aus acht der 16 Länder zunächst konkrete Angaben.

„Zufallsentdeckungen“

Die in der Polizei entdeckten „Reichsbürger“ wurden zumeist zufällig entdeckt . In Berlin beispielsweise hatte ein Beamter privat an einer entsprechenden Demonstration der „Reichsbürger“ vor dem Reichstag teilgenommen. Einige unter ihnen hatten sich aber auch offensiv pro der Bewegung geäußert. In Sachsen-Anhalt etwa hatte ein Polizisten-Paar dem Gebührenbescheid einer Behörde mit der Begründung widersprochen, das deutsche Recht gelte nicht, woraufhin die Behörde deren Vorgesetzten informierte. Momentan kommen auch sechs Fälle hinzu, in denen Polizeibeamte beispielsweise volksverhetzende Facebook-Kommentare gepostet haben sollen.

Die Zunahme von Disziplinarverfahren könnte eine Folge der allgemeinen Zunahme rechtsextremer Äußerungen in nahezu allen Gesellschaftsschichten sein, die sich auch in der Polizei bemerkbar macht. Sie könnte aber auch ein Zeichen dafür sein, dass Polizei-Vorgesetzte in Bezug auf diesen Personenkreis sensibler geworden sind und inzwischen genauer hinsehen.

von

Günter Schwarz  – 31.10.2016