Erdoğan: „Deutschland ist Hafen für Terroristen“
(Ankara) – Nach der verschärften Kritik der Bundeskanzlerin an den Zuständen in der Türkei hat der Staatschef zum Gegenschlag ausgeholt, denn der türkische Präsident ist nicht gut auf Deutschland und Kanzlerin Merkel zu sprechen. In einer Rede erhebt Erdogan neue Vorwürfe: „Im Moment öffnet ihr dem Terror die Türe. Deutschland stehe keine gute Zukunft bevor“, meint der Staatschef zu wissen – in der ihm eigenen Art: „PKK, DHKP-C, Gülen – alle bekommen sie Hilfe aus Deutschland.“
Nach der neuerlichen Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel an dem Verhalten Ankaras nach dem versuchten Putsch hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Deutschland die Unterstützung von Terrorismus vorgeworfen. Die Bundesrepublik habe sich zu einem „wichtigen Hafen für Terroristen“ entwickelt, sagte Erdoğan bei einer Zeremonie im Präsidentenpalast in Ankara. Deutschland biete militanten Unterstützern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der linksgerichteten Gruppierung DHKP-C Unterschlupf. Beiden Organisationen wirft die türkische Regierung Terroranschläge in der Türkei vor. Er habe keine Erwartungen an Deutschland, das sich „vor der Geschichte“ verantworten müsse, so Erdoğan weiter.
Wörtlich erklärte der Staatschef unter anderem: „Hey Deutschland, sei Dir bewusst, dass diese Terrorplage Euch wie ein Bumerang treffen wird…. Wir machen uns Sorgen um Eure Haltung. Im Moment öffnet Ihr dem Terror die Türe….Man wird sich zeitlebens an Euch erinnern, weil Ihr den Terror unterstützt habt.“
„Unsere inneren Angelegenheiten haben niemanden zu kümmern“
Erdoğan warf der Bundesrepublik zudem vor, ein sicherer Rückzugsort für die Gülen-Bewegung zu sein. Die Türkei fordert von den USA die Auslieferung des Predigers Fethullah Gülen. Erdoğan wirft seinem einstigen Vertrauten vor, Drahtzieher des gescheiterten Militärputsches vom 15. Juli zu sein. Gülen hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Regierung in Ankara hat seit dem Putschversuch Zehntausende mutmaßliche Anhänger Gülens aus dem Staatsdienst entfernt und Tausende festgenommen.
Erdoğan verbat sich zugleich jede Einmischung in die türkische Politik. „Unsere inneren Angelegenheiten haben niemanden zu kümmern“, sagte er. Merkel hatte die neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei am Mittwoch als alarmierend bezeichnet.
Mit der Festnahme des „Cumhuriyet“-Chefredakteurs und seines Stabes macht die Erdogan-Regierung das größte regierungskritische Blatt des Landes praktisch mundtot. Grünen-Chef Özdemir findet klare Worte für das Vorgehen des türkischen Präsidenten.
Grünen-Chef Cem Özdemir hat das Vorgehen der türkischen Behörden gegen Journalisten scharf kritisiert. „Gerade findet quasi ein zweiter Putsch in der Türkei statt“, sagte Özdemir der „Passauer Neuen Presse“. Präsident Recep Tayyip Erdoğan verwandelt das Land in ein großes Gefängnis. „Pressefreiheit besteht für ihn darin, dass man ihm huldigen darf“, beklagte der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete. Wer das nicht tue, sei für Erdoğan ein Terrorist – ob Journalisten, Wissenschaftler, Richter oder frei gewählte Politiker.
von
Günter Schwarz – 03.11.2016