(Hildesheim/Bad Salzdetfurth) – Unter den mutmaßlichen Terroristen, die heute verhaftet wurden, ist ein gebürtiger Iraker, der als zentrale Figur der islamistischen Szene in Deutschland gilt. Abu Walaa soll die zentrale Figur der islamistischen Szene in Deutschland sein. Nun wurden er und vier weitere Männer in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verhaftet. Wie NDR, WDR und SZ erfuhren, hatte die Aussage eines IS-Rückkehrers maßgeblichen Anteil daran.

Nach monatelangen Ermittlungen ist der Bundesanwaltschaft offenbar ein Schlag gegen die islamistische Szene in Deutschland gelungen. Am frühen Dienstagmorgen ließ die Staatsanwaltschaft fünf Männer festnehmen, die im Verdacht stehen, für den „Islamischen Staat“ rekrutiert zu haben. Ihnen wird die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die fünf Festgenommenen wurden der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übergeben.

Unter ihnen befindet sich auch der sogenannte „Prediger ohne Gesicht“, ein 32-jähriger gebürtiger Iraker, der sich „Abu Walaa“ nennt und sogar eine eigene App anbietet. Nach Informationen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ gilt Abu Walaa, der tatsächlich Ahmad Abdelazziz A. heißt, den Behörden bereits seit Jahren als zentrale Figur der deutschen Islamisten. Die Präsidentin des Verfassungsschutzes Niedersachsen, Maren Brandenburger, bestätigte, dass es sich bei dem festgenommenen Verdächtigen um „Abu Walaa“ handelt.

Bundesjustizminister Heiko Maas bezeichnete die Festnahmen als Erfolg für die Ermittlungsbehörden: „Das ist ein wichtiger Schlag gegen die extremistische Szene in Deutschland. Der Generalbundesanwalt ermittelt, weil der Verdacht besteht, dass es Verbindungen zum Islamischen Staat gibt.“

Ausreisen Richtung Syrien

Seit Herbst des vergangenen Jahres ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen ihn und mutmaßliche Helfer. Der Generalbundesanwalt bezeichnet „Abu Walaa“ als Anführer eines bundesweiten Netzwerks, dass es sich zur Aufgabe gemacht hat, Muslime in Deutschland für die Terrororganisation “Islamischer Staat“ und für den Dschihad anzuwerben und bei der Ausreise logistisch und finanziell unterstützt zu haben. Erst Ende Juli kam es zu Durchsuchungen, darunter einer Moschee in der Hildesheimer Nordstadt, die als bundesweit bedeutender Treffpunkt der salafistischen Szene gilt. Sicherheitsbehörden hatten schon länger beobachtet, dass es im zeitlichen Umfeld zu Islamseminaren des Predigers in der Hildesheimer Moschee zu Ausreisen in Richtung Syrien gekommen war.

Als Helfer „Abu Walaas“ soll den ebenfalls festgenommenen Türken Hasan C. und den Serben Boban S. die Aufgabe zugekommen sein, Gleichgesinnten und Ausreisewilligen neben der arabischen Sprache auch radikal-islamische Inhalte zu lehren. „Der Unterricht diente dazu, die ideologischen und sprachlichen Grundlagen für eine zukünftige Tätigkeit beim IS, insbesondere für die Teilnahme an Kampfhandlungen, zu schaffen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Ermittlungsbehörde. „Abu Walaa“ war es demzufolge vorbehalten, Ausreisen zu billigen und zu organisieren, wobei er mit der konkreten Umsetzung den Deutschen Mahmoud O. und den Kameruner Ahmed F. Y. beauftragte.

Im Ruhrgebiet nahm die Polizei zudem zwei weitere Prediger fest, die ebenfalls Teil des salafistischen Netzwerks um „Abu Walaa“ sein sollen. Die Männer sollen bei Predigten in Wohnungen für den IS geworben und zur Ausreise in den Dschihad aufgerufen haben. Auch ihnen wird die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zur Last gelegt.

IS-Rückkehrer hat offenbar ausgesagt

Wie NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ erfuhren, hatten die Aussagen eines IS-Rückkehrers maßgeblichen Anteil an den heutigen Festnahmen. Der 22-jährige Anil O. war nach einem mehrmonatigen Aufenthalt im IS-Gebiet in Syrien in die Türkei geflohen und hat sich nach eigenen Aussagen von der Terrormiliz losgesagt. Bevor er Ende September nach Deutschland zurückkehrte, gab Anil O. NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ in der Türkei ein Interview, in dem er Ahmad Abdelaziz A., alias Abu Walaa, schwer belastete und als „die Nummer 1 des IS in Deutschland“ bezeichnete. Die Beschuldigten haben – sofern sie sich in der Vergangenheit dazu geäußert haben – eine Verbindung zum Terrorismus verneint.

von

Günter Schwarz – 08.11.2016