(Ankara) – Turkish Airlines symbolisierte bis vor kurzem noch den wirtschaftlichen Erfolg der Türkei. Jetzt kommt wegen der Terroranschläge und der angespannten Sicherheitslage ein Milliardenverlustauf die einstige Vorzeige-Airline zu.

Milliardenverlust für den einstigen Überflieger

Bilal Eksi, der neue Chef der Turkish Airlines, steht vor schwierigen Aufgaben: Nachdem die Fluglinie im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von einer Milliarde Dollar einflog, muss der neue Boss nun den einstigen Überflieger aus der Krise führen. Deshalb werden Strecken gestrichen, Flugzeuge stillgelegt und der Kauf neuer Jets um mehrere Jahre verschoben.

Experten schätzen, dass bei Turkish Airlines die Zahl der Passagiere bei den Flügen aus Europa um bis zu 40 Prozent zurückging. Ein Verlust in Höhe von rund einer Milliarde Euro würde dann im laufenden Jahr auf die Airline vom Bosporus zukommen. Die Krise wird bisher offiziell nicht kommentiert, doch das Management von Turkish Airlines reagiert auf den Sinkflug und will etwa 50 Maschinen der insgesamt etwa 330 Flugzeuge vorläufig stilllegen. Ebenso soll es Einsparungen beim Personal geben, wie die „tagesschau“ berichtet. Sie zitiert den Luftfahrtexperten Murat Herdem, der für das Jahr 2016 das vorläufige Ende der beispiellose Erfolgsgeschichte von Turkish Airlines prognostiziert: „Nach den Terroranschlägen und dem Putschversuch hat es bei den Spätbuchungen einen Rückgang von rund 25 Prozent gegeben, bei den Frühbuchungen um rund zehn Prozent. Seitdem gibt es Probleme.“

Dem Bericht zufolge habe es in diesem Jahr bisher 18 größere Terroranschläge in der Türkei gegeben. Laut Herdem seien vor allem die Angriffe auf deutsche Touristen zu Jahresbeginn mit zwölf Toten sowie auf den Atatürk-Flughafen Ende Juni mit 45 Toten für die gesamte Flugbranche der Türkei verheerend gewesen. Der Verlust von Turkish Airlines im Europa-Markt betrage derzeit 17 Prozent.

Turkish Airlines treffen die Auswirkungen der politischen Instabilität unter Recep Tayyip Erdoğan mit voller Wucht: Nicht nur zahlreiche Touristen meiden die Türkei, sondern auch immer mehr Investoren aus dem Ausland. Zudem hat die türkische Lira mit aktuell 3,50 pro Euro ein Rekordtief erreicht.

Sparprogramm trifft auch Personal und Service von Turkish Airlines

Das Sparprogramm bei Turkish Airlines wird auch Auswirkungen auf die Beschäftigten der Airline sowie den Service haben. Geplant ist, etwa 1.500 Angestellte in den unbezahlten Urlaub zu schicken bzw. sie zu kündigen. Zudem wird die Bordverpflegung zurückgefahren und die Ausgaben für Werbung und Sponsoring sollen gesenkt werden.

Wegen des harten Sparkurses bleiben auch 30 Flugzeuge der der insgesamt 298 Maschinen umfassenden Flotte von Turkish Airlines vorerst am Boden: Zwölf geliehene Maschinen des Typs A330-200 werden Antalya geparkt und vier A320-Flugzeuge bleiben vorerst am Esenboğa-Airport in Ankara. Für die restlichen soll in den nächsten Tagen ein „Parkplatz“ gefunden werden. Durch die vorübergehende Stilllegung werden nicht nur Kosten gesenkt, sondern die Stehzeiten können genutzt werden, um Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten durchzuführen.

Diese Airports fliegt Turkish Airlines nicht mehr an

Wegen der Sparmaßnahmen hat Turkish Airlines  bis auf weiteres auch Flüge zu 22 Destinationen gestrichen.  17 davon befinden sich im Ausland. Nicht mehr angesteuert werden die Flughäfen Batna und Tlemcen (Algerien), Aalborg (Dänemark), Bordeaux (Frankreich), Karlsruhe-Baden, Friedrichshafen und Münster (Deutschland), Kermanshan (Iran), Genua und Pisa (Italien), Aquaba (Jordanien), Osh (Kirgisistan), Rotterdam (Niederlande), Kano (Nigeria), al-Qassim (Saudi-Arabien), Khujan (Tadschikistan) und Ivano-Frankivsk (Ukraine). Seit dem 30. Oktober werden zudem die innertürkischen Verbindungen nach Eskişehir, Tokat, Edremit, Uşak und Siirt nicht mehr angeboten.

Turkish Airlines könnte demnächst wieder aus der Krise fliegen

Im „tagesschau“-Bericht bezeichnet Luftfahrtexperte Herdem die langfristigen Aussichten für Turkish Airlines trotz aller Schwierigkeiten als gut: „Der größte Vorteil von Turkish Airlines ist die geographische Lage der Türkei. In einem Radius von drei Flugstunden kann man von der Türkei aus über 50 Länder erreichen.“ Zudem werde Istanbul dank des im Bau befindlichen neuen Großflughafens zu einem wichtigen internationalen Drehkreuz, das bis zu 120 Millionen Fluggäste jährlich abfertigen kann.

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Quelle: fluege.de  – 10.11.2016