Seit Jahren steigt in vielen Regionen Deutschlands die Belastung des Grundwassers mit Nitriten und Nitraten, da diese zur Düngung in Mengen eingesetzt werden, die von den Pflanzen überhaupt nicht aufgenommen werden können und folglich langsam aber sicher im Boden versickern, bis sie ins Grundwasser geraten. Verantwortlich dafür ist hauptsächlich die Landwirtschaft, die ihre Felder überdüngt.

Deutschland gehört zu den größten Trinkwasserverschmutzern unter den 28 Staaten der EU. Die EU-Kommission kritisiert die Umwelt- und Landwirtschaftspolitik der Bundesrepublik mit einer Anklageschrift auf rund 40 Seiten und einem 1.500seitigen Anhang,. Das besagte Nitrat kommt als Bestandteil von Natur- und Kunstdünger in den Boden der landwirtschaftlichen Anbauflächen. Da es wasserlöslich ist, kommt es auf diese Weise auch in das Grund- und Oberflächenwasser.

Da das Grund- und Oberflächenwasser aber auch die Quelle unseres Trinkwassers ist, befinden sich Nitrate und Nitrite im Trinkwasser. Diese Nitrate nehmen wir mit jeder Tasse Kaffee oder Tee, in unserem Körper auf. Ein hoher Nitrat-Gehalt in unserem Trinkwasser ist äußerst gesundheitsgefährdend.

Nitrat kann im sauren Milieu unseres Körpers, auch mit Hilfe von Bakterien, zu Nitrit und schließlich zu Nitrosaminen umgewandelt werden die krebserregend wirken können. Die EU-Kommission wirft Deutschland vor, seit Jahren untätig gegenüber der Überdüngung mit Gülle und Mist geblieben zu sein. Es ist ein Verstoß gegen die seit 1991 geltende EU-Nitratlinie.

Die Klageschrift präsentiert im Detail die Versäumnisse der Bundesrepublik. Nicht nur werde das Problem seit Jahren ignoriert, und die EU-Kommission hingehalten – es werde sogar mehr Dünger auf die Äcker gebracht, als die Pflanzen überhaupt aufnehmen können. Auch die gesetzlichen Düngepausen Deutschlands von maximal drei Monaten seien viel zu kurz.

Strengere Richtlinien scheitern bislang regelmäßig am Widerstand des Landschaftsministeriums. Doch Mitte Oktober einigte sich die Koalition überraschend auf eine Reform der entsprechenden Vorschriften. Vermutlich zu spät, um die Klage noch abzuwenden. Wilhelm Priesmeier, agrarpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, meint dazu: „Die Klage bezieht sich ja auf die alte Düngeverordnung. Und erst mit Vorlage der neuen Düngeverordnung und der Novelle des Düngegesetzes können letztendlich die Kommission und der EuGH prüfen, ob den Vorgaben der Nitratrichtlinie genüge getan ist oder nicht.“

Deutschland wäre nicht das erste Land, das verurteilt würde. Die Kommission legte sich schon zuvor mit Frankreich an. Auch dort landete der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof. Das Gericht gab der Klage statt. Derzeit wird über das Strafmaß verhandelt. Es stehen Summen bis zu drei Milliarden Euro im Raum.

von

Günter Schwarz – 14.11.2016