(Berlin) – Gestern Abend  haben Kanzlerin Angela Merkel und der scheidende US-Präsident Barack Obama zum Auftakt seines Abschiedsbesuchs in Berlin knapp drei Stunden bei einem Abendessenüber die aktuelle politische Lage beraten. Das Treffen in privater Atmosphäre im Hotel Adlon, wo Obama mit seiner Delegation für den bis Freitag dauernden Berlin-Besuch abgestiegen war, ging gegen 22.30 Uhr zu Ende. Über Inhalte der Unterredung, die unter vier Augen stattfand, wurde zunächst nichts bekannt.

Bei dem Gespräch Merkels mit Obama dürfte es vor allem auch um den im Januar anstehenden Machtwechsel im Weißen Haus hin zum gewählten republikanischen US-Präsidenten Donald Trump gegangen sein. Offiziell empfängt Merkel Obama heute Nachmittag im Kanzleramt zu politischen Beratungen.

Bei einer Grundsatzrede in Athen hatte Obama zuvor ein klares Bekenntnis zur Demokratie abgelegt – mit Beruhigungsversuchen nach dem Wahlsieg seines Nachfolgers Trump. Zwar könnten Trump und er „nicht verschiedener“ sein, stellte Obama fest. Doch die Demokratie in den USA sei „mehr als nur eine Person“.

Bei seiner Grundsatzrede am Mittwoch in Athen vor seinem Abflug nach Berlin hielt er noch ein Plädoyer für die Demokratie: „Die frühesten Formen der Demokratie in Athen waren weit davon entfernt, perfekt zu sein, genauso wie die frühesten Formen der amerikanischen Demokratie nicht perfekt waren.“ Dennoch sei die Regentschaft des Volkes unersetzlich.

Schon im Vorfeld hatten griechische Medien bei der Rede über Obamas Vermächtnis gesprochen und Vergleiche zu Ex-US-Präsident John F. Kennedys und seinen Worten „Ich bin ein Berliner“-Rede im Jahr 1963 gezogen. Die Rede endete nach einer knappen Stunde mit „Standing Ovations“.

Bei seinen Reisestationen versucht Obama, den europäischen Partnern die Sorgen vor einem außenpolitischen Rückzug der USA unter seinem Nachfolger zu nehmen. Statt das Erbe seiner Außenpolitik zu zeigen, betreibe Obama nun den „Versuch der Schadensbegrenzung“, meinte etwa der britische „Guardian“.

Am Donnerstag sind weitere Gespräche über die Herausforderungen unter der Präsidentschaft Donald Trumps geplant. Schon im Vorfeld hatte Obama Merkel als seine engste Verbündete in der Welt bezeichnet. Am Tag danach, also am Freitag, trifft sich Obama dann zunächst mit Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande, Großbritanniens Premierministerin Theresa May, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi im Kanzleramt, bevor er Berlin in Richtung Peru verlässt, wo er am Gipfel der Länder der Asia-Pacific-Region (APEC) teilnehmen wird.

Die Treffen mit den europäischen Staatschefs in Berlin würden eine Art „Gruppentherapie“ werden, bei der man sich von Obama aus europäischer Sicht ein Zeichen erhofft, dass „die USA, wie man sie kennt, nicht völlig verschwinden“, analysiert der Politikwissenschaftler Josef Joffe im „Wall Street Journal“ („WSJ“).

von

Günter Schwarz  – 17.11.2016