Der dänische Wissenschaftler und katholische Theologe Niels Stensen (im Bild) stirbt am 25. November 1686 im Alter von 48 Jahren in Armut.

Der dänische Arzt, Anatom und Naturforscher und später auch katholischer Priester und Bischof Niels Stensen (Nicolaus Stenonis / Latinisierung) wurde am 1. Januar 1638 in København geboren und verstarb am 25. November 1686 in Schwerin im Herzogtum Mecklenburg). In der römisch-katholischen Kirche wird er als Seliger verehrt. Wilhelm von Humboldt bezeichnete ihn als „Vater der Geologie“.

Der Universalgelehrte beherrschte acht Sprachen perfekt. Von Freunden und Bekannten seiner Eltern erlernte er die deutsche Sprache. Die lateinische, griechische, hebräische und arabische Sprache lernte er in der Schule. Später eignete er sich die niederländische, französische, italienische und englische Sprache an.

Nicolaus Steno besuchte von 1648 bis 1656 in seiner Heimatstadt die Lateinschule bei der Liebfrauenkirche, der damals besten Schule des Landes. Es folgte 1656 im Alter von 18 Jahren ein dreijähriges Medizinstudium an København Universität. Studien- und Vortragsreisen führten ihn 1660–1665 u. a. nach Rostock, Amsterdam (Begegnung mit Baruch Spinoza und dessen Philosophie), Leiden, Paris, Montpellier und Pisa. Dort kam er mit den führenden Medizinern seiner Zeit in Kontakt. Durch eigenes Forschen entdeckte er schon 1660 den Ausführungsgang der Ohrspeicheldrüse bei der Sektion eines Schafskopfes. Seine Vorlesungen und anatomischen Demonstrationen machten ihn in ganz Europa berühmt. 1661 verfasste und verteidigte er seine Dissertationsschrift über den von ihm entdeckten Ausführungsgang der Ohrspeicheldrüse. Nachdem er 1663 vom Tod seines Stiefvaters erfuhr, kehrte er nach København zurück, wo er in lateinischer Schrift das Buch „Beobachtungen über Muskeln und Drüsen“ veröffentlichte, in dem er nachwies, dass das Herz ein Muskel ist. Als bald darauf seine Mutter starb, verließ er København und reiste nach Paris. Ihm wurde während dieser Zeit von der Universität Leiden in Abwesenheit der Titel eines Doktors der Medizin verliehen.

Im Jahre 1666 reiste Steno über Pisa und Rom nach Florenz. Ferdinand II. von Medici machte ihn zu seinem Leibarzt und unterstützte großzügig seine Forschungstätigkeit. In dieser Zeit dehnte sich sein Interesse auf geologische und paläontologische Themen aus. 1668 wurde er in die Florentiner Accademia della Crusca aufgenommen.

Gleichzeitig hatten Eindrücke in den Niederlanden (Zersplitterung der reformierten Kirchen) und Italien (1666 Fronleichnamsprozession in Livorno) ein intensives Studium theologischer Fragen ausgelöst. Im November 1667 konvertierte Steno zur katholischen Kirche. Seitdem nahm er regelmäßig an der kirchlichen Liturgie teil und vertiefte sein persönliches Gebetsleben. Ab 1668 unternahm Steno eine dreijährige geologische Forschungsreise durch Südeuropa und kehrte schließlich nach Florenz zurück. Dort schrieb er seine ersten theologischen Schriften. 1672 folgte er einem Ruf des dänischen Königs und ging als königlicher Anatom und Universitätslehrer wieder nach København. Die konfessionelle Differenz war jedoch trotz guten Willens aller Beteiligten nicht zu überbrücken, und gleichzeitig wuchs in Steno der Wunsch, sich in den kirchlichen Dienst zu stellen. 1674 kehrte er als Erzieher des Erbprinzen nach Florenz zurück. Im folgenden Jahr bat er um die Priesterweihe. Ostern 1675 feierte Stensen in Florenz seine erste hl. Messe und wirkte seitdem am Hof der Medici auch als Seelsorger und Beichtvater. Er tat das laut Zeitzeugen, hier wie an allen weiteren Wirkungsstätten, mit Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit, aber auch mit klaren Forderungen an die Lebensführung.

In Hannover residierte seit 1665 Herzog Johann Friedrich, der ebenfalls in Italien zum Katholizismus übergetreten war. Dieser bat nach dem Tod Valerio Maccionis Papst Innozenz XI. 1677 um die Entsendung Stenos nach Hannover. Am 19. September 1677 empfing Niels Stensen in Rom durch Kardinal Gregorio Barbarigo die Bischofsweihe zum Titularbischof von Titiopolis und wurde als Apostolischer Vikar für die versprengten Reste katholischer Gemeinden in Norddeutschland und Skandinavien (Apostolisches Vikariat des Nordens) mit Sitz in Hannover ausgesandt. Hier begegnete er u. a. Gottfried Wilhelm Leibniz, der ihn als Naturwissenschaftler bewunderte, seine religiöse Haltung jedoch als starr empfand. Als Herzog Johann Friedrich im Dezember 1679 starb und sein Bruder, somit wieder ein Lutheraner, die Herrschaft in Hannover übernahm, verlor das nordische Vikariat in der Stadt den Rückhalt. Das Fürstbistum Paderborn leitete zu dieser Zeit Ferdinand von Fürstenberg, der zugleich Fürstbischof von Münster war. Er bat Rom um Entsendung Stensens nach Münster als Weihbischof und Leiter der Seelsorge.

Bischöfliches Wappen des Nicolas Steno

1680–1683 versuchte Stensen in Münster das geistliche Leben von Klerus und Laien zu ordnen und Disziplinlosigkeit und Ämterkauf zu überwinden. Das Amt des Stiftsdechanten an St. Ludgeri, dessen Einkünfte seinen Lebensunterhalt sichern sollten, gab er schon nach einem Jahr zurück, weil er ihm nicht gerecht werden zu können glaubte. Persönlich wurde Stensen jetzt noch asketischer. Was er von geistlichen Amtsträgern forderte, zeigte er beispielhaft durch die eigene Lebensführung. Damit geriet er in Widerspruch zum Lebensstil der oft aus dem Adel stammenden höheren Geistlichkeit und wurde zu einem lebenden Vorwurf.

Als nach dem Tod Ferdinands von Fürstenberg statt eines Seelsorger-Bischofs für Münster Maximilian Heinrich von Bayern seinen fünften Bischofssitz einnahm, nachdem ihm 60.000 Reichstaler Bestechungsgeld an das Domkapitel diese Wahl gesichert hatten, protestierte Stensen öffentlich und verließ Münster am 1. September 1683. Er ging nach Hamburg, wo er im Hause des niederländischen Anatomen Theodor Kerckring Aufnahme fand, um der dortigen katholischen Gemeinde zu dienen. Auch dort traf er auf starke Spannungen und heftigen Widerstand gegen den fremden Mahner und Schlichter.

Im Jahre 1685 schließlich wurde er nach Schwerin gerufen. Als einfacher Priester ohne bischöfliche Insignien kümmerte er sich um die kleine Gemeinde. Auch hier gab es Enttäuschungen.

Nach einer fünfwöchigen, mit schweren Koliken verbundenen Gallenkrankheit starb Niels Stensen 48-jährig in Schwerin. Als sein letztes Wort ist das Gebet überliefert: Jesus, sis mihi Jesus – „Jesus, sei mir Retter“. Sein Hamburger Freund Kerckring ließ im Auftrag des toskanischen Großherzogs seinen Leichnam einbalsamieren und per Schiff nach Livorno überführen. Er wurde in der Grabkapelle der Basilika San Lorenzo in Florenz beigesetzt.

Dreihundert Jahre später, am 23. Oktober 1988, wurde Nicolaus Steno auf maßgebliches Betreiben von Bischof Heinrich Theissing, dem Apostolischen Administrator von Schwerin, durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Sein kirchlicher Gedenktag ist der 25. November.

Stensens bis heute andauernde Verehrung gründet in seiner wissenschaftlichen Vorurteilslosigkeit und Beobachtungsschärfe sowie in der großen Geduld und Ausdauer, mit der er seine religiöse Mission unter inner- und außerkirchlichen Schwierigkeiten und in zunehmender Vereinsamung erfüllte.

von

Günter Schwarz – 25.11.2016