Italien-Referendum beunruhigt Top-Ökonomen
Am Sonntag stimmen die Italiener über eine Verfassungsreform ab. Scheitert sie, drohen eine Regierungskrise und Turbulenzen an den Märkten. Am Ende könnte es auch für den Euro gefährlich werden, warnt der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
Für Experten ist der Ausgang bereits klar: „Nein zum Referendum und zu Matteo Renzi“. Anleger warten auf Antworten. – Wie wird die Schuldentilgung des Staates aussehen? Steigende Zinsen und Turbulenzen auf den Rentenmärkten werden prognostiziert und der Untergang der Eurozone wird befürchtet.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat vor dem Scheitern des Verfassungsreferendums in Italien gewarnt. Marcel Fratzscher sagte der Funke Mediengruppe, sollte das Referendum am kommenden Sonntag scheitern, könnte dies gefährliche Auswirkungen für die Wirtschaft des Landes haben. „Das Vertrauen von Unternehmen und Investoren in die italienische Wirtschaft ist bereits angeschlagen und würde noch stärker leiden.“

Marcel Fratzscher. “Wenn Italien den Bach runtergeht, dann wird das auch massive Auswirkungen auf Deutschland haben.“
Gefahr einer tiefen Rezession
Der DIW-Chef erinnerte dabei an die hohen Staatsschulden Italiens von weit über 2000 Milliarden Euro: „Zum Vergleich, der europäische Rettungsschirm ESM hat 500 Milliarden Euro. Wenn Italien also in Schieflage gerät, dann könnte dies den Euro gefährden und eine tiefe Rezession auch in Deutschland verursachen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die deutsche Politik dessen bewusst ist.“ Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone. Mit mehr als 130 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt ist es nach Griechenland das am höchsten verschuldete EU-Land.
Bei dem Referendum am Sonntag wird über eine geplante Verfassungsreform abgestimmt. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi will dadurch die Kompetenzen des Senats einschränken und so die Regierungsarbeit effektiver machen. Sollte die Bevölkerung die Reform ablehnen, will Renzi als Regierungschef zurücktreten.
Wenn die Verfassungsreform scheitert und Renzi anschließend tatsächlich zurücktritt, könnte dies die EU nach dem Brexit-Votum noch tiefer in die Krise stürzen. Auch ein Wiederaufflammen der Schuldenkrise in der Euro-Zone droht. Dies dürfte die schwächelnde Bankenbranche in Italien zusätzlich belasten, die bereits unter einem Berg fauler Kredite ächzt. Vor allem die geplante Kapitalerhöhung der Krisenbank Monte Paschi könnte in Gefahr geraten und Staatshilfe nötig machen.
Immer wenn die Regierungen der Eurozone es vermasseln, springt die Europäische Zentralbank in die Bresche. Darauf hoffen jetzt auch die Italiener, wenn sie ihre Banken und den Euro aufs Spiel setzen. Mario Draghi hat schon mal vorgebaut. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde das „sehr erhebliche Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung“ beibehalten, sagte der Notenbankpräsident am Mittwoch der spanischen Zeitung „El País“. Der Diskussion im EZB-Rat, welche Mittel man einsetze, wolle er aber nicht vorgreifen.
Es war eines dieser Draghi-Manöver, mit denen er schon oft die Richtung vorgegeben hat, wenn aus seiner Sicht Gefahr für die Eurozone im Verzug war. Und in diesen Tagen kommt die Gefahr aus Italien. Wieder einmal.
von
Günter Schwarz – 02.12.2016