Lob und Kritik für deutsche Asylpolitik
Der erste Bericht zur Lage der Menschenrechte in Deutschland lobt die „enorme Kraftanstrengung“, die Derutschland bei der Aufnahme von Geflüchteten geleistet habe. Die jüngst verabschiedeten Asylrechtspakete kritisiert er hingegen – ebenso wie das Abkommen mit der Türkei.
Der erste Bericht über die Lage der Menschenrechte in Deutschland ist eine Premiere. Und der hat viel Stoff über eine außergewöhnliche Zeit gesammelt, denn geschah von 2015 bis Sommer 2016. Das war die Zeit, als rund 890.000 Geflüchtete nach Deutschland kamen.
„In einer enormen Kraftanstrengung haben hierzulande Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft sich bemüht, die Flüchtlinge menschenwürdig aufzunehmen. In einer Situation, in der das europäische Asylrecht versagte, wurde Deutschland seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen gerecht“, heißt es in dem Bericht. Ein ausdrückliches Lob von Beate Rudolf, der Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte.
Doch was der großzügigen Aufnahme folgte, haben Rudolf und die anderen Autoren des Berichts zum Schwerpunkt gemacht und kritisch unter die Lupe genommen. Ein Negativ-Beispiel sind die jüngst verabschiedeten Asylrechtspakete.
Die Beschleunigung der Asylverfahren nennt Rudolf im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit und Fairness fragwürdig. „Das gilt für die Einstufung von Ländern als sogenannte sichere Herkunftsstaaten. Das gilt auch für die beschleunigten Asylverfahren in besonderen Erstaufnahmeeinrichtungen und die Verfahren in speziellen Ankunftszentren“, schreibt Rudolf.
Die Berichte der EU-Kommission zeigten laut Rudolf zudem die Problematik des Abkommens mit der Türkei auf. Dort seien Rückkehrer eben nicht sicher. Weitere solcher Abkommen mit anderen Herkunfts- oder Transitländern nach dem Muster des Türkei-Abkommens abzuschließen, sei nicht der richtige Weg: „Ich sehe das mit großer Sorge. Solche Abkommen drohen den individuellen Rechtsanspruch auf Asyl in der europäischen Union zu untergraben. Sie können dazu führen, dass Menschen rechtswidrig inhaftiert oder zurückgeschoben werden.“
In Deutschland sieht der Menschenrechtsbericht noch deutliche Mängel bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Für diese sind im Wesentlichen die Länder verantwortlich. Und da gäbe es länderübergreifend keine Standards: „Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge brauchen besondere Unterbringung und Versorgung. Das gilt für Kinder – ob begleitet oder unbegleitet – für Menschen mit Behinderungen, für Schwangere, für Opfer von Folter oder sexualisierter Gewalt sowie für traumatisierte Menschen. Sie alle müssen bei ihrer Ankunft in Deutschland systematisch identifiziert werden. Doch das geschieht noch immer nicht.“
Die Chefin des Deutschen Instituts für Menschenrechte schaltet sich auf Nachfrage auch in aktuelle Diskussionen ein. Zum Beispiel in die CDU-Debatte über den künftigen Kurs in der Flüchtlingspolitik. Konkret geht es dabei um die Diskussion um ein Verbot von Vollverschleierung, das sogenannte Burkaverbot: „Die Diskussion um die Burka befeuert letztlich nur antimuslimische Vorbehalte, Ressentiments bis hin zu Hass.“
von
Günter Schwarz – 07.12.2016