Strafzinsen für Privatkunden
Was für Banken bei der EZB schon gilt, wird nun auch für Privatkunden Realität. Wer große Summen parkt, zahlt dafür, statt etwas dafür zu bekommen. Experten sind jedoch uneins, ob das Beispiel einer kleinen Direktbank wirklich Schule macht.
Als erstes Geldhaus bricht die Skatbank ein Tabu: Ihre Kunden müssen dafür bezahlen, wenn sie zuviel Geld bei der Bank anlegen. Drohen solche Strafzinsen deutschen Sparern bald flächendeckend? Bankenexperte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim schätzt die Lage ein.
Nach Einschätzung des obersten Vermögensverwalters der Deutschen Bank werden Strafzinsen auf Konten und Sparbüchern bald zur Normalität. „Einige wenige Banken berechnen ihren Kunden jetzt schon negative Zinsen“, sagte Asoka Wöhrmann, Chefanlagestratege der Deutschen Asset & Wealth Management, der „Welt am Sonntag“. „Das dürfte angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bald keine Seltenheit mehr sein“.
Seit Samstag verlangt die Deutsche Skatbank von Kunden, die große Summen auf Tagesgeld- oder Girokonten parken, einen Strafzins von 0,25 Prozent. Der Tabubruch der kleinen Direktbank aus Thüringen soll nach den Vorstellungen des Raiffeisen- und Volksbanken-Verbandes BVR und des Sparkassenverbands DSGV ein Einzelfall bleiben. „Der BVR spricht sich weiterhin gegen negative Zinssätze für Einlagen von Privatkunden aus“, sagte eine BVR-Sprecherin vor wenigen Tagen. In Deutschland sei der Wettbewerb so intensiv, dass er Strafzinsen nicht zulasse, hatte ein DSGV-Sprecher gesagt.
Wöhrmann teilt diese Einschätzung offenbar nicht. Strafzinsen, die bislang höchstens für Geschäftskunden gelten, träfen bald auch Privatkunden, sagte der Deutsche-Bank-Manager. Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt Strafzinsen von Banken, die Geld bei ihr kurzfristig parken. Sie setzt darauf, dass die Banken das Geld lieber weiterverleihen an Unternehmen und Haushalte und die Konjunktur insbesondere in den Euro-Krisenländern ankurbeln.
Durchschnittssparer kaum betroffen
Bei der Deutschen Skatbank zahlen nur Kunden den Strafzins, die mehr als 500.000 Euro auf dem Tagesgeld-Konto haben. Bei Girokonten gilt er für Summen über zwei Millionen Euro. Begründet wurde dieser Schritt mit der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Nach Angaben des Internetportals Verivox mussten vor einigen Wochen bereits manche Unternehmen in Deutschland solche „Strafzinsen“ auf Guthaben zahlen. Nun komme diese Entwicklung auch bei Privatkunden an. Bisher sei dies aber nur von der Skatbank bekannt.
Durchschnittssparer seien nicht betroffen, erläuterte Verivox-Geschäftsführer Ingo Weber. „Aber es ist nicht auszuschließen, dass andere Geldinstitute nun folgen.“ Die Skatbank ist eine Direktbank-Tochter der Volks- und Raiffeisenbank Altenburger Land und hat nach eigenen Angaben rund 15.000 Kunden.
von
Günter Schwarz – 09.12.2016