(München) – Horst Seehofer fordert die erneute Überprüfung von Asylbewerbern, deren Identität nicht feststeht. Bei der Ermittlung des Alters vermeintlich Minderjähriger sieht er Dänemark als Vorbild und will notfalls medizinische Untersuchungen einschließlich der Röntgenmethode einsetzen.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hat vor dem Hintergrund des Berliner Anschlags die neuerliche Überprüfung von Asylbewerbern verlangt, deren Identität unklar ist. „Ein Verbrechen in dieser furchtbaren Dimension erzwingt von der Politik zu überlegen, welche Schritte wir unternehmen können, um eine Wiederholung zu verhindern“, sagte Seehofer im Interview der „Welt am Sonntag“. „Zum Beispiel, dass wir die Identitäten der Menschen gesichert feststellen, die in unser Land kommen.“

Seehofer fordert, dass all jene Asylbewerber noch einmal überprüft werden, deren Identitätsfeststellungen „nur mit einem formalisierten Fragebogen durchgeführt worden sind. Es gab keine Gespräche, keine Beteiligung des Verfassungsschutzes, wie es früher in bestimmten Fällen einmal üblich war. Zumindest diese Formblatt-Fälle muss der Bundesinnenminister jetzt noch einmal prüfen lassen.“ Seehofer geht davon aus, dass es sich um eine vierstellige Zahl Menschen handelt. „Ich schätze eine Größenordnung, die mehr im Tausenderbereich liegt als im Hunderterbereich.“

Darüber hinaus will der CSU-Vorsitzende das Alter vermeintlich minderjähriger Flüchtlinge durch eine medizinische Untersuchung ermitteln lassen. „In Dänemark zum Beispiel wird mit einer speziellen Röntgenmethode überprüft, ob die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge tatsächlich minderjährig sind.“ Das Ergebnis sei, dass der Großteil schon über 18 Jahre alt sei. „Eine derartige Überprüfung zur Feststellung des wahren Alters sollte man auch in Deutschland in Zweifelsfällen nutzen.“

Darüber hinaus müsse die Kontrolle der europäischen Außengrenzen und – solange dies nicht funktioniere – auch die Kontrolle der deutschen Binnengrenzen deutlich verbessert werden. „Sie ist leider immer noch sehr, sehr lückenhaft“, sagte Seehofer.

Bayerns Ministerpräsident hält eine nachvollziehbare Rechtsgrundlage beim Zugang von Asylbewerbern für dringend nötig. „Zur wirksamen Grenzkontrolle gehört natürlich auch eine vernünftige Rechtsgrundlage. Jahrelang bestand sie aus dem Schengen- und dem Dublin-Abkommen. Aus unserer Sicht gilt dieses Recht nach wie vor.“

Es könne nicht sein, dass jemand dieses Regelwerk ohne triftigen Grund außer Kraft setze und massenhaft hier in Deutschland Asylverfahren durchgeführt würden, für die ein anderes Land in Europa zuständig sei. Auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte Seehofer diesen Vorwurf allerdings nicht konkret bezogen wissen. Vielmehr beklagte er ein vollkommen undurchsichtiges rechtliches Durcheinander. „Gegenwärtig ist doch eines zu beklagen: Niemand in Deutschland, selbst die Experten nicht, können eine Frage beantworten, nach welchem System funktioniert gegenwärtig die Zuwanderung von außerhalb der EU genau? Mal gilt Dublin, mal nicht. Das kann doch kein Zustand auf Dauer sein.“

Der CSU-Chef betonte, dass an der Grenze zurückgewiesene Personen besser überwacht werden müssten. „Wir können nicht sagen, ob sie nicht an einem anderen, nicht kontrollierten Grenzübergang wieder ins Land kommen. Das kann nicht so bleiben. Darauf werden wir drängen.“ Bayern hätte derzeit einen Zugang von 100 bis 200 Personen täglich.

von

Günter Schwarz – 25.12.2016