(Jerusalem) – Im Ostteil der israelischen Stadt Jerusalem habe ein Lastwagenfahrer am heutigen Sonntag absichtlich mehrere Menschen gerammt, teilte die Polizei mit. Dabei hat ein Palästinenser bei einem Anschlag mindestens vier Israelis getötet und 15 weitere verletzt, mehrere davon schwer. Der Angreifer wurde von Soldaten erschossen. Die Polizei sprach von einem „Terroranschlag“. 

Der Vorfall ereignete sich nahe einer Promenade an der Hügelkette des Stadtteils Armon Hanaziv, südlich der Jerusalemer Altstadt und der Nachbarschaft Abu Tor. Sie ist bei Jerusalemer Bürgern und Touristen beliebt, weil man von dort einen guten Ausblick auf die Altstadt hat.

Bei den vier toten Israelis handelt es sich nach Angaben der Rettungskräfte um drei junge Frauen und einen Mann. Unter den Opfern waren Soldaten. Ihre Gruppe war gerade dabei, aus einem Bus auszusteigen. Augenzeugen berichteten, der Palästinenser sei noch mehrmals vor- und zurückgefahren, um möglichst viele Opfer mit dem schweren Lastwagen zu erfassen. Videoaufnahmen zeigten Menschen, die panisch davonliefen. Die Polizei sperrte den Ort des Anschlags ab.

Mutmaßlicher Attentäter war Palästinenser

Der israelische Polizeichef Roni Alscheich sagte, der Fahrer komme aus einem arabischen Viertel in Ost-Jerusalem. Er sei Palästinenser. Es habe keine konkreten Warnungen vor einem Anschlag gegeben. Über weitere Details der Ermittlungen ist eine Nachrichtensperre verhängt worden, sagte Polizeichef Alscheich. Der Inlandsgeheimdienst Schin Bet sei an der Untersuchung beteiligt. Der Polizeichef wollte nicht sagen, ob der Lastwagen dem Attentäter gehörte oder ob er ihn vor dem Anschlag gestohlen hatte. Er wollte sich auch nicht dazu äußern, ob man davon ausgehe, dass der Täter allein handelte. Der Inlandsgeheimdienst Schin Bet sei an der Untersuchung beteiligt.

Ein Mitarbeiter des Rettungsdienstes Zaka sagte, den Sanitätern habe sich am Ort des Anschlags ein schlimmer Anblick geboten. Einige der Opfer, darunter auch Tote, waren unter dem Lastwagen eingeklemmt. Sie mussten mit einem Kran befreit werden.

Hamas glorifiziert Angriff

Die radikale Palästinenser-Organisation Hamas hat die Attacke inzwischen gepriesen, aber nicht die Verantwortung dafür übernommen. Hamas-Sprecher Abdulatif al-Qanou nannte es eine „heroische“ Tat. Er ermunterte andere Palästinenser, das Gleiche zu tun und den „Widerstand eskalieren zu lassen“. Al-Qanou sagte, der Angriff zeige, dass die Welle palästinensischer Gewalt trotz der jüngsten Ruhepause nicht zu Ende sei. Die Hamas herrscht im Gaza-Streifen. Sie ruft immer wieder zum gewaltsamen Kampf gegen Israel auf.

Der Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat, rief die Bürger dazu auf, wachsam zu sein, aber sich in ihrem Alltagsleben nicht einschränken zu lassen. „Leider kennt die Grausamkeit der Terroristen keine Grenze, die kein Mittel ungenutzt lassen, um Juden zu töten und ihre Art zu leben zu stören“, sagte er. „Diejenigen, die den Terror anzetteln und unterstützen, müssen einen hohen Preis zahlen.“

Armon Hanaziv liegt in dem 1967 von Israel eroberten Teil Jerusalems. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil einer künftigen Hauptstadt für sich. Israel sieht jedoch ganz Jerusalem als seine „ewige, unteilbare Hauptstadt“. In dem Stadtteil war es seit Beginn der neuen Gewaltwelle im Herbst 2015 immer wieder zu Anschlägen gekommen.

von

Günter Schwarz – 08.01.2017