Amazon Echo: Der smarte „Überwachungsfreund“ in den eigenen vier Wänden
In schickem Design präsentiert sich Amazon Echo – und birgt Gefahren der Rundumüberwachung.
Dass Edward Snowdens Enthüllungen nur für einen kleinen Teil der Öffentlichkeit zum Nachdenken über Privatsphäre und Datensicherheit sorgten, zeigt der Verkaufserfolg von Amazon Echo. Ausgestattet mit sieben Mikrofonen soll der digitale Assistent den Alltag und das bislang oft beschwerliche Leben zuhause vereinfachen. Zum Weihnachtsgeschäft wurden in den USA satte fünf Millionen Geräte der Unterhaltungswanze verkauft. Dem Eintritt in den Massenmarkt hilft auch: Während die erste Variante des Gerätes noch mit fast 180 Euro zu Buche schlägt, ist das Nachfolgemodell Echo Dot nur noch für knapp über 50 Euro zu haben. Gemeinsam haben die Gadgets, dass sie permanent mit dem Internet verbunden sind und auf Befehle der Nutzer per Spracheingabe warten. Doch um das Aktivierungswort „Alexa“ überhaupt wahrnehmen zu können, sind die Mikrofone des Datenschutzalptraums ständig aktiv.
Verlangt der Nutzer von Echo dann das Licht im Raum zu dimmen, Musik abzuspielen oder im Internet eine Bestellung – natürlich bei Amazon – aufzugeben, sendet der blinkende Plastikzylinder die Sprachaufnahmen auch schon an die konzerneigenen Server. Während sich Technik-Enthusiasten im Internet mit Jubelberichten über den Fortschritt in Sachen Spracherkennung und Künstliche Intelligenz überbieten, schlagen Datenschützer Alarm. Bereits im Oktober 2016 warnte die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff, vor den Geräten. Für Nutzer sei nicht nachvollziehbar, welche Daten genau gespeichert und weiterverarbeitet werden.
Doch auch im Alltagstest sorgt das Gerät, das zunehmend auch den deutschen Markt erobern soll, für Schlagzeilen. So berichtete jüngst eine Sendung im US-Fernsehen von einem Mädchen, das mit dem Gerät versehentlich ein Puppenhaus und Kekse bestellt hat. Dabei wiederholte der Sprecher den Satz „Alexa hat mir ein Puppenhaus bestellt“ und löste dabei in zahlreichen Haushalten, in denen Amazon Echo ebenfalls bereits aufgestellt wurde, weitere Bestellungen von Puppenhäusern aus. Auf den Sender prasselten Beschwerden ein. Erst durch weitere Einstellungen seitens der Echo-Nutzer lässt sich die Kaufoption des Sprachassistenten abschalten oder mit einem Passwort schützen. Wird diese Hürde nicht eingerichtet, kauft Echo munter auf Zuruf ein. Für Amazon sicherlich eine vielversprechende Geschäftsidee.
Für virale Verbreitung sorgte auch der Clip eines Kleinkindes, das versucht, Echo dazu zu bewegen, ein Lied abzuspielen. Die Interpretation der offenbar noch nicht ganz perfekten künstlichen Intelligenz ist jedoch alles andere als jugendfrei:
https://www.youtube.com/watch?v=9jxU7r0yCgg
Während derartige Clips das Internetpublikum eher unterhalten, zeigt ein Kriminalfall im US-Bundesstaat Arkansas allerdings schon, wo die Reise mit der smarten Technologie hingegen kann. Nachdem die Ermittler in einem Mordfall herausgefunden hatten, dass der Hauptverdächtige des Verbrechens ebenfalls ein Amazon Echo-Gerät in seinen eigenen vier Wänden aufgestellt hatte, forderten die Beamten beim Internetriesen die Aufnahmen aus dem Haus des Tatverdächtigen. Amazon lehnte dies zunächst ab, doch ein Gerichtsbeschluss würde ausreichen und die gesammelten Aufnahmen aus dem Privatleben des Verdächtigen würden in den Händen der Polizei landen – auch wenn dieser sich später als unschuldig erweisen sollte.
Dass staatliche Stellen und Geheimdienste, aber auch Amazon, selbst dann ein Interesse an den privaten Daten haben könnten, wenn kein Verbrechen vorliegt, liegt auf der Hand. Doch zum Ausbau der Totalüberwachung, die bis ins eigene Heim reicht, müssen viele Menschen offenbar erst gar nicht mehr überredet werden. Im Gegenteil: Dank dem schicken Design und der Aussicht, die Heizung endlich per Sprachbefehl zu regulieren, bezahlen die Überwachten die für den Lauschangriff nötige Technik sogar noch selbst. Da wird sicher auch Edward Snowden den Kopf schütteln.
von
Günter Schwarz – 16.01.2017