(Washington) – Der am Freitag vereidigte neue US-Präsident Donald Trump hat als eine seiner ersten großen Amtshandlungen ein Dekret gegen das Gesundheitssystem seines Vorgängers Barack Obama erlassen. Sollte sich aus den „Obamacare“-Regeln eine finanzielle Belastung für Bundesstaaten, Unternehmen oder einzelne Personen ergeben, seien diese nicht mehr anzuwenden. Der Republikaner unterzeichnete am Freitag (Ortszeit) im Weißen Haus einen entsprechenden Erlass.

De facto ist dies das Aus für die „Obamacare“, die zirka 20 Millionen Amerikanern zumeist ertsmals in ihrem Leben eine Grundversorgung im Krankheitsfall gebracht hatte. Trump hatte bereits in seinem Wahlkampf und auch noch danach gegen die „bevormundung des amerikanischen Volkes gewettert und dafür einen Ersatz angekündigt, wobei er allerdings keine Details nannte. Nach Trumps Auffassung ist die „Obamacare“ zu teuer.

In Trumps Erlass werden die Behörden aufgefordert, jene „Obamacare“ nicht mehr anzuwenden, die eine finanzielle Belastung für Bundesstaaten, Unternehmen oder einzelne Personen darstellen. Zudem müssten die Staaten bei der Umsetzung von Gesundheitsprogrammen flexibler sein dürfen, was auch heißen kann, jegliche Unterstützung zu verweigern.

Ersatz ohne genaue Angaben angekündigt

Experten hatten bereits spekuliert, dass Trump Ausnahmen von der Krankenversicherungspflicht ausweiten könnte. „Obamacare“ war eines der wichtigsten Reformprojekte von Obama. Unter dem „Obamacare“-Projekt Affordable Care Act (ACA) wurde es Versicherungen verboten, Menschen mit Vorerkrankungen von einer Krankenversicherung auszuschließen. Junge Leute erhielten die Möglichkeit, bis zum Alter von 26 Jahren bei den Eltern mitversichert zu sein.

Vor einigen Tagen kündigte Trump eine Krankenversicherung „für alle“ an, weder Trump noch die Republikaner machten zu dem offenbar bereits vorliegenden Vorschlag eines Ersatzsystems aber keine genauen Angaben.

„My Way“ als Programmatik

Trump war am Mittag (Ortszeit) vor dem Kapitol in Washington vereidigt worden. Bei seiner Antrittsrede wiederholte er die nationalistische Rhetorik seines Wahlkampfes und erklärte „Amerika zuerst“ zur Leitlinie seiner Politik. So hätten die USA ausländische Streitkräfte subventioniert und zugleich die eigene Armee ausgezehrt, sagte er. Kürzlich hatte Trump die NATO als „überholt“ kritisiert.

Später tanzte der neue US-Präsident bei dem sogenannten Ball der Freiheit in Washington mit seiner Frau Melania zum offenbar programmatisch gewählten Hit „My Way“ von Frank Sinatra. „Wir haben es geschafft“, rief Trump den Zuschauern zu. „Wir haben gewonnen. Und heute hatten wir einen großartigen Tag.“ Nun aber beginne die Arbeit, so Trump. Später besuchte das Präsidentenpaar in der US-Hauptstadt weitere Bälle.

„Marsch der Frauen“ und weitere Proteste

Die Amtsübernahme Trumps wurde von Protesten begleitet. Hunderte seiner Gegner lieferten sich dort Handgemenge mit Polizisten. Auch am Samstag muss Trump angesichts des von ihm angekündigten radikalen politischen Kurswechsels mit Demonstrationen rechnen – und zwar wohl mit einer der größten in den USA seit Jahren. Während der Tag des neuen Staatsoberhaupts mit einer Andacht in der National Cathedral beginnt, wollen in der Hauptstadt Washington Hunderttausende zum Anti-Trump-Protest zusammenkommen.

Für den „Marsch der Frauen“, der um 19.00 Uhr MEZ beginnt, werden zwischen 200.000 und einer halben Million Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Der Protest richtet sich gegen Frauenfeindlichkeit, Gewalt, Rassismus, Homophobie und religiöse Intoleranz. Eingeladen sind ausdrücklich auch Männer. Trump hatte sich wiederholt extrem abfällig über Frauen geäußert. Zunächst sind nahe dem Kapitol Reden geplant.

Neue Minister ernannt

Wenige Stunden nach Trumps Amtsantritt wurden im Weißen Haus die neuen Minister für Verteidigung und Heimatschutz, James Mattis und John Kelly, ernannt. Zuvor hatte Mattis Rückendeckung vom Kongress bekommen. Im Senat sprachen sich 98 von 100 Abgeordneten für den früheren General aus. Eine demokratische Senatorin stimmte gegen ihn, während der designierte Justizminister Jeff Sessions nicht mit abstimmte. Der als „Mad Dog“ bekannte Ex-Marine Mattis ist bei Republikanern und Demokraten gleichermaßen beliebt.

Auch Heimatschutzminister Kelly überstand die Abstimmung im Senat ohne Schwierigkeiten: Für ihn stimmten 88 der Abgeordneten. Wie Mattis diente Kelly früher in der Marineinfanterie. Er wird künftig etwa für die Terrorabwehr und den Grenzschutz verantwortlich sein – zwei Themen, die Trump immer wieder hervorgehoben hat. Mattis und Kelly wurden kurz nach dem Votum von Vizepräsident Pence vereidigt. Weitere Abstimmungen über Trumps Kabinett gibt es in der nächsten Woche im Senat.

von

Günter Schwarz – 21.01.2017