Nach „Denkmal-Rede“ vom vergangenen Donnerstag berät der AfD-Bundesvorstand erneut über den Parteiausschluss des thüringischen Landeschefs Björn Höcke. Der AfD-Politiker steht wegen seiner Äußerungen zum Holocaust-Mahnmal innerhalb der Kritik auch aus Teilen der rechtspopulistischen und neofaschistischen Partei. Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments, Elmar Brok (CDU), fordert eine Überwachung der gesamten AfD.

Die Parteispitze der AfD will nach Informationen der „Thüringer Allgemeinen“ den thüringischen Landeschef und Rechtsaußen-Politiker Björn Höcke aus der Partei ausschließen. An diesem Montag wolle der AfD-Bundesvorstand darüber in einer Telefonkonferenz beraten, schreibt das Blatt. Offensichtlich mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin hatte Höcke am vergangenen Dienstag in Dresden von einem „Denkmal der Schande“ gesprochen.

Bereits am Freitag hatte eine Sitzung des AfD-Bundesvorstands in Berlin stattgefunden. Nach den Informationen der »Thüringer Allgemeinen« soll sich eine Mehrheit der anwesenden Mitglieder mit acht von elf Stimmen für ein Ausschlussverfahren ausgesprochen haben. Der entsprechende Antrag soll vom Vorstandsmitglied Alice Weidel aus Baden-Württemberg eingebracht worden sein.

Bei der Sitzung am Freitag sei es allerdings “etwas chaotisch“ zugegangen, meldete das Blatt. Deshalb werde das Thema nun erneut besprochen. Parteichefin Frauke Petry habe am Freitag in der Vorstandssitzung „leidenschaftlich“ für Höckes Rauswurf argumentiert. Der zweite Parteichef Jörg Meuthen und die Landeschefs von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Alexander Gauland und André Poggenburg, sollen sich aber gegen einen Ausschluss Höckes ausgesprochen haben.

Höcke hatte auf einer Veranstaltung in Dresden mit Verweis auf das Holocaust-Mahnmal gesagt: „Wir Deutschen (…) sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Zudem sprach er von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ und forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Seine Rede löste in weiten Teilen der Bevölkerung große Empörung aus.

Allerdings ist nach Ansicht von Beobachtern fraglich, ob es tatsächlich zu einem Ausschluss kommen wird, da der rechte Parteiflügel im Höcke im Bundesschiedsgericht der Partei viele Sympathien genieße. Laut einem Bericht des „Tagesspiegel“ startete der sächsische AfD-Politiker Arvid Samtleben am Sonntag eine Online-Petition gegen den Ausschluss Höckes, die innerhalb weniger Stunden fast 2000 Unterstützer fand.

Der Landesvorstand und die Landtagsfraktion der AfD Thüringen hatten am Freitagabend eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht, in der es unter anderem heißt, der Massenmord an den Juden während der Schoa sei „untrennbar mit der deutschen Geschichte verbunden“. Daraus erwachse für Deutschland eine Verantwortung, der sich Fraktion und Vorstand stellten. „Wir wenden uns gegen alle Versuche, das Gegenteil in die Positionen der AfD und ihres Landessprechers Björn Höcke hineinzuinterpretieren“, hieß es weiter.

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok forderte eine Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz. „Das sind Rechtsradikale. Niemand von der AfD hat sich inhaltlich von der volksverhetzenden und antisemitischen Rede Höckes in Dresden distanziert“, kritisierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments in der „Passauer Neuen Presse“. „Die AfD will das demokratische System aushebeln und in den alten Nationalismus der Dreißigerjahre zurück“, sagte der CDU-Politiker.

Im Internet machen Anhänger von Höcke bereits mobil gegen einen möglichen Ausschluss. Bislang sollen mehr als 2000 Personen eine Petition unterzeichnet haben, die sich für die „Einheit“ der AfD stark macht. Eine weitere Spaltung könne die Partei nicht verkraften, heißt es.

In Facebook-Gruppen diskutieren unterdessen Höcke-Anhänger darüber, wie eine neue Partei heißen könnte, sollte Höcke tatsächlich ausgeschlossen werden. Andere AfDler veröffentlichten hingegen einen Aufruf mit dem Titel „Rote Karte für Höcke“, der offenbar von einzelnen Funktionären und ganzen Kreisverbänden, vor allen aus NRW und Rheinland-Pfalz, unterstützt wird.

von

Günter Schwarz – 23.01.2017