Die dänische Kommune Vordingborg hat Drogensüchtigen den Zahnarzt bezahlt, und entgegen den Erwartungen dadurch vieler wieder in Arbeit gebracht . Und die Kommune spart auch noch Geld bei dieser Aktion. Die Sozialdemokraten  und die Dansk Folkeparti (Dänischen Volkspartei) haben sich von dem Vorgehen dieser Kommune überzeugen lassen und wollen Geld dafür bereitstellen – die Regierungspartei Venstre (sozialliberale Partei) jedoch nicht.

Zwischen 2013 und 2016 hat die Kommune Vordingborg einen Versuch unternommen und 49 ehemalige Drogensüchtige, die als arbeitsfähig eingestuft wurden, zum Zahnarzt geschickt und die Rechnungen der Zahnbehandlungen übernommen. Das Ergebnis war überraschend, denn deutlich mehr als erwartet von ihnen haben inzwischen Arbeit gefunden. Das schreibt Avisen.dk.

Davon, dass das auch mit den Zahnarzt-Besuchen zu tun hat, ist der Psychologe Jakob Freil fest überzeugt. Er hat die Teilnehmer des Versuches drei Jahre lang begleitet. „Leute mit schlechten Zähnen ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Sie geben es auf, einen Partner zu finden oder das Leben ihrer Kinder zu verfolgen, weil sie glauben, dass es peinlich ist, ohne Zähne im Mund oder mit einem unansehnlichen Gebiss zum Elternabend zu erscheinen“, sagt er.

Zahnärztin überrascht vom Erfolg des Projektes

Schlechte Zähne sind ein weit verbreitetes Problem nicht nur aber auch bei Drogenabhängigen. Das liegt einerseits an der zerstörierischen Kraft mancher Drogen selbst – andererseits auch daran, dass viele Junkies die Zahnpflege komplett vernachlässigen und sich schlecht ernähren.

„Als Zahnärztin war ich immer der Meinung, dass Zähne wichtig sind. Aber dass sie eine Voraussetzung für Arbeit und gute Beziehungen sind, war mir nicht so klar. Das hat auch mich überrascht“, sagt Lene Maare, Oberzahnärztin der kommunalen Zahnpflege in Vordingborg.

Konkret haben 21 von 42 Versuchsteilnehmern, zu denen die Kommune noch Kontakt hält, inzwischen Arbeit gefunden. Statt von 50 Prozent war man in der Kommune lediglich von 20 Prozent ausgegangen´, die wieder in Arbeit kommen.

Kommune spart trotzt Arztkosten Geld – weniger Sozialleistungen

Die vielen Stunden des Bohrens, Löcherstopfens, Brückenbauens und Wurzelbehandelns haben sich also noch mehr gelohnt als angenommen. Dies hängt allerdings auch damit zusammen, dass das Jobcenter der Kommune das Projekt begleitet hat. „Einige der Teilnehmer hätten riesige Ängste ausgestanden“, sagt Michael Skovlunde Pedersen, der eine besondere Abteilung für ehemalige Drogensüchtige im Jobcenter leitet. „Doch sie haben es gemacht und es durchgezogen. Und es ist viel besser gelaufen, als wir alle gedacht hätten“, fügt er hinzu.

Teuer war das Projekt nicht sonderlich. Etwas mehr als eine Million Kronen haben die drei Jahre gekostet. Geld, dass schnell wieder drin war, weil die Hälfte der Teilnehmer inzwischen keine Sozialhilfe mehr kassiert.

„Rein volkswirtschaftlich betrachtet kann man hier direkt Geld sparen. Wenn so viele Menschen ohne größeren Aufwand wieder in Arbeit kommen, kann man hier Geld verdienen. Dafür sollten sich die Politiker interessieren“, meint der Psychologe Jokob Freil.

Interesse auf Christiansborg

Und das tun sie – zumindest die aus den Fraktionen der Sozialdemokraten und der Dansk Folkeparti.

„Wir müssen natürlich auf diesen Erfahrungen aufbauen. Dabei ist es auch eine Herausforderung, jenen zu helfen, die noch drogenabhängig sind, wir müssen also alle sozial ausgegrenzten Bürger erreichen. Die Herausforderung ist deutlich und groß und das müssen wir angehen“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Flemming Møller Mortensen, zu Avisen.dk. Er verweist auf die 180 Millionen Kronen (24,2 Millionen Euro), die unter der Thorning-Regierung zur Hilfe von sozial Benachteiligten bei der Zahnpflege bereitgestellt wurde – aber nie genutzt wurden.

Mortensens Kollegin Liselotte Brixt von der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti sagte dem Online-Blatt, sie stehe dem Projekt positiv gegenüber und wolle herausfinden, ob Mittel freigemacht werden könnten. Aus der Venstre-Fraktion hieß es hingegen, die Kommune müsse mit den guten Erfahrungen nun alleine weiterarbeiten.

von

Günter Schwarz – 23.01.2017