(Berlin) – Trotz des jüngsten Terroraktes kurz vor Weihnachten auf dem Berliner Breitscheidplatz in Berlin strebt Deutschland eine Ausweitung der Bundeswehr-Präsenz in Mali an. Für die dortigen Soldaten soll die Gefahrenzulage erhöht werden. Derweil fordert eine malische Petition ein Eingreifen Russlands gegen die islamistische Gefahr in dem westafrikanischen Land.

Nur wenige Tage nach einem Selbstmordattentat auf einen Militärstützpunkt im malischen Gao warb Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Bundestag für eine Erweiterung des Bundeswehreinsatzes in Mali. Der Anschlag sei dabei ein Zeichen dafür, dass Terroristen nach wie vor danach streben, den Friedensprozess im Sahel-Staat zu untergraben. „Umso wichtiger ist es, dass die Weltgemeinschaft an der Seite Malis steht“, ließ die Ministerin in diesem Zusammenhang verlautbaren.

Von der Leyen bezeichnete Mali als „Schlüsselstaat“ für die Stabilität in der Region. Damit reiht sich Mali in eine ganze Reihe afrikanischer Staaten ein, die von der westlichen Staatengemeinschaft ebenfalls bereits als solche identifiziert wurden. Auch Malis Nachbarstaat Niger zählt demnach zu den „Schlüsselstaaten“. Dies war offenbar auch ein Grund dafür, dass sich die Bundesregierung dort zum Aufbau einer ständigen Militärbasis im „Kampf gegen den Terror“ entschloss. Aktuell handelt es sich bei dieser noch um einen Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey.

Laut von der Leyen sei die bundesdeutsche Mission in Mali einer der anspruchsvollsten Einsätze der Bundeswehr, „wenn nicht der gefährlichste überhaupt“. Aktuell ist die Bundeswehr in elf Ländern an Auslandseinsätzen beteiligt. Zum Ausgleich zahlt die Bundeswehr Gefahrenzulagen. Offiziell heißen diese Auslandsverwendungszulagen (AVZ). Dazu Jens Flosdorff, Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums: „Generell ist es so, dass sich die Stufen dieses Auslandsverwendungszuschlages nach den Lebensumständen, der aktuellen Gefährdungslage oder Gesundheitsbedrohungen, Stichwort Ebola, richten. Nach dem Grad der Belastungen. Dann hat das auch etwas mit Gefahrenprognosen zu tun, wie sich die Gefährdung weiterentwickelt.“

Der AVZ wird in sechs Stufen gezahlt, von 30 bis maximal 110 Euro pro Tag – steuerfrei. Auch wenn sich das Verfahren selbst noch einige Wochen oder sogar Monate hinziehen kann, die möglicherweise sogar rückwirkende Erhöhung der Gefahrenzulage für in Mali aktiven Bundeswehrsoldaten gilt als beschlossene Sache.

Aufgrund der dramatischen Verschlechterung der Sicherheitslage in dem Land soll der Zuschlag auf 110 Euro pro Tag angehoben werden. Dies entspricht Stufe 6, also der höchsten Gefahrenstufe. Bislang galt diese nur für Bundeswehrsoldaten in Afghanistan.

Derweil fragen sich Angehörige der Zivilgesellschaft des afrikanischen Kontinents, warum angesichts all der Verlautbarungen und der Ausrufung von Schlüsselstaaten im Kampf gegen den Terror dieser keine oder nur sporadische Erfolge erkennen lasse. Beobachter argwöhnen, dass tatsächlich vor allem die regionalen Rohstoffe der Schlüssel zum Engagement westlicher Staaten zu sein scheinen.

Bei Frankreich erscheint es am offensichtlichsten zu sein, dass sein Interesse nicht allein der Bekämpfung des Terrorismus, sondern ganz offensichtlich auch der Sicherung eigener Rohstoffinteressen gilt. So schrieb etwa die Gesellschaft für bedrohte Völker: „Frankreichs Militärintervention in Mali dient nicht nur der Terrorismus-Bekämpfung, sondern auch der Sicherung seiner eigenen Energieversorgung mit preiswertem Uran aus Malis Nachbarland Niger.“

Der staatliche französische Atomkonzern Areva fördert dort bereits seit Jahrzehnten Uran. Auch in Mali wurde dieser Rohstoff gefunden und enorme Vorkommen sollen unter der Erde auf ihre Ausbeutung warten – vorzugsweise durch Frankreich.

Dieses hängt als Atommacht und Atomstromland stark von der Versorgung mit Uran ab. Die Menschenrechtsorganisation ergänzt: „Rund ein Drittel der 58 Kernkraftwerke in Frankreich werden mit Uran aus Niger betrieben. Kernkraft sichert 78 Prozent der Stromversorgung in Frankreich.“

Ungeachtet anderslautender offizieller Verlautbarungen ist der Terror in Afrika weiterhin auf dem Vormarsch, was nach Auffassung von Beobachtern möglicherweise auch an einer gehörigen Portion Doppelmoral aufseiten der Terrorbekämpfer liegt. Denn nicht zuletzt die NATO-Intervention in Libyen war es, die zum fast vollständigen Zusammenbruch des nordafrikanischen Staates führte. Aus diesem ergießen sich nun, gleich einer offenen Wunde, terroristische Gruppierungen und Waffen über die gesamte Region.

Um den Geist, den man zum größten Teil selbst aus der Flasche gelassen hat, nun vermeintlich wieder in diese zurückzubefördern, beteiligt sich die Bundeswehr in Gao bisher mit 550 Soldaten an der UN-Friedensmission MINUSMA (Mission zur Stabilisierung Malis). Nun hat die Bundesregierung eine Anhebung der Mandatsobergrenze für Mali auf rund 1.000 Soldaten beschlossen.

Auch aufgrund der widersprüchlichen geopolitischen Aktivitäten auf afrikanischem Boden wächst in etlichen Staaten, so auch in Mali, der Widerstand gegen das ausländische militärische Engagement. Auch die Fragen nach dessen bisherigem Nutzen für die Bevölkerung der betroffenen Länder werden vehementer. Im Gegensatz dazu beobachten die Menschen mit großem Interesse, dass – entgegen der Darstellung in den Medien – das Eingreifen der Russischen Föderation bei der Bekämpfung des Terrorismus wesentlich effektiver zu sein scheint. So etwa beim Vorgehen gegen islamistische Terrorgruppen in Syrien.

Nun startete eine Gruppierung namens „Gruppe der malischen Patrioten“ eine Petition mit folgendem Anliegen: „Die Initiative wünscht sich die Wiederbelebung der militärischen Kooperation zwischen Mali und Russland.“

Demnach wünsche man sich unter anderem logistische Unterstützung und eine professionelle Ausbildung der malischen Armee durch Russland. Ziel ist es, 8 Millionen Unterschriften zu sammeln. Nach Angaben der malischen Patrioten habe man bereits 3.000.000 Unterschriften beisammen und diese bereits an die Botschaft der Russischen Föderation weitergeleitet.

Die UNO-Mission in Mali gilt als die gefährlichste ihrer Art weltweit. Das robuste Mandat erlaubt auch den Einsatz von Waffen. Der Großteil des Deutschen Einsatzkontingents ist in Gao im Camp Castor stationiert. Das aktuelle Mandat läuft Ende Januar aus. In der nächsten Woche will der Bundestag in der abschließenden Beratung über das neue Mandat abstimmen.

von

Günter Schwarz – 24.01.2017